Reisetagebuch der SY "Libra"
GB Dr. Manfred Brandes




Mi. 07. und Do. 08. Juni, Rostock – Burgtiefe/Fehmarn Nachtfahrt 42 sm

Nach einer Hochzeitsfeier am Wochenende und einem letzten Arzttermin Mo./Di. räumen wir am Mittwoch die Wohnung auf und kaufen noch fehlenden Proviant ein. Als wir alles verstaut haben, nutzen wir das passende Wetter mit Ostwind, legen abends 21 Uhr in Rostock ab. Um 23 Uhr nach Sonnenuntergang passieren wir die Molen von Warnemünde. Mit 5 kn Fahrt, Sternenhimmel, dabei 2 Wachwechsel, legen wir kurz nach 7 Uhr in Burgtiefe an. Um 9 Uhr empfangen uns unsere Freunde Siegrun und Erich auf der SY Ariane traditionell zum Frühstück. Am Spät-Nachmittag folgt noch ein gemeinsames Restaurant-Essen. Gegen 20 Uhr legen wir wieder ab, segeln durch die Fehmarnsund-Brücke, Kurs Nord, Großer Belt.

Do. 08. bis So. 10. Juni Burgtiefe – Hals/Limfjord 190 sm

In der Nacht, westlich des Fehmarn Belt, ruft uns ein Frachter mit unserem Bootsnamen per Funk. Nach meiner AIS-Anzeige auf dem Seekarten-Bildschirm wäre ich knapp vor seinem Bug vorbei gesegelt. Wir einigen uns, dass ich den Kurs ändere, er weiterfährt. Ich brauche vorübergehend nur abzufallen ohne ein Segelmanöver. Der Diensthabende bedankt sich ausdrücklich, denn nach KVR war ich kurshaltepflichtig gewesen. Bei einem zweiten Frachter ändere ich schon rechtzeitig vorher deutlich meinen Kurs und lasse ihn passieren. Da wir inzwischen einen AIS-Transponder haben, wird man uns auf den Frachtern auch „gesehen“ haben. Am Morgen zwischen Lolland und Langeland nimmt der Wind ab und dreht auf Nord. Mit mühsamem Kreuzen unter Beachtung des Tiefwasser-Weges und etlichen Frachtern erreichen wir um 15 Uhr die Große-Belt-Brücke. Wir nehmen die schmalere Durchfahrt zwischen dem östlichenPfeiler und der Beton-Verankerung der Stahltrossen. Abends dreht der Wind wieder auf NE. Mit Anlieger geht es vorbei an Kalundborg und um Mitternacht am Rösness-Puller hinaus auf das Kattegat. Wegen Flaute läuft ab 2 Uhr bis gegen 5 Uhr der Motor. Wir fahren vorbei an Samsö und durch den Vejrö Sund. Mittags ist noch einmal Flaute, 6 sm per Motor. Ab Grenaa segeln wir wieder. Wegen vorausgesagtem Regen und Gewitter am Sonntag und Starkwind am Montag nehmen wir Kurs auf Hals am Eingang zum Limfjord. Früh morgens gegen 6 Uhr legen wir an. Das Datum des Bezahl-Automaten steht noch auf den Vortag. Das gibt später eine allerdings problemlose Diskussion mit dem Hafenmeister. Auf der Quittung ist die Uhrzeit ausgedruckt, wir bezahlen für zwei Übernachtungen.

Mo. 11. Juni Hafentag in Hals

Unterwegs wollte unser Dieselkocher nicht richtig zünden, wurde kurz heiß, ging aber wieder aus. Ich vermutete den gleichen Fehler wie 2 Jahre zuvor, Ausfall des Peltier-Sensors. Nach dem Ausbau des Kocher zeigte eine Durchgangsprüfung, dass der damals selbst reparierte Sensor in Ordnung ist. Es könnte also Diesel-Mangel sein. Aus dem dünnen Dieselschlauch hätte Diesel auslaufen müssen. Mit dem Mund lies sich Luft bis zum Dieselfilter durch pusten. Als die Luft nach mehrmaligem Einschalten des Kochers herausgepumpt war, zündete der Kocher wieder. Nur zur Sicherheit löste ich am Motor die Entlüftungsschraube und betätigte die Diesel-Handpumpe. Alles war anscheinend o. k. Um es vorweg zu nehmen: Nach dem Ablegen am frühen Dienstag-Morgen ging vor dem Hafen der Motor aus. Nach dem Öffnen des Dieselhahns für den zweiten Tank lief er wieder. Unterwegs wollte ich dem Motor kurz testen. Ein neuer unbekannter Effekt: Trotz höherer Motordrehzahl blieb der Drehzahlmesser auf Leerlauf und auch die Batterie-Ladespannung zu niedrig. Irgendetwas musste mit der Lichtmaschine sein. Nach Abnahme der Niedergangs-Treppe sah ich im Motorraum die Bescherung: alles voller Diesel, auch der Keilriemen. Der rutschte auf der Keilriemenscheibe durch. Die Ursache war schnell klar. Ich hatte die Entlüftungsschraube wohl zu schwach angezogen. Nach einer provisorischen Reinigung blieb alles trocken. In Skagen habe ich den Dieselschlauch vom hinteren Tank mit einer Luftpumpe durch gepustet. Danach lief der Diesel, Motor und Dieselkocher sollten wieder arbeiten. Eine zweite Reparatur betraf die Seewasser-Fußpumpe. Durch Betätigung der Pumpe bei geschlossenem Auslasshahn waren die Ventile wohl beschädigt worden. Ich ziehe die Knöpfe von den Wasserhähnen ab und lasse letztere voll geöffnet.

Di. 12. Juni Hals – Skagen 59 sm

Start ist bei Sonnenaufgang. Wir sind innerhalb eines Tiefdruckgebietes, haben dabei aber Sonnenschein. In 2 Tagen ist Sturm angesagt, im Skagerrak aus West. Anfangs laufen wir bei noch frischem ablandigen Wind nur mit Großsegel über 5 kn. Der Wind wird schnell weniger, dreht auf NW, ich setze zusätzlich die Genua. Mittags haben wir weiter abnehmenden Nordwind. Ich muss kreuzen. Wir sind querab von Laesö. Der Wind wird immer schwächer, dreht hin und her. Die letzten 6 sm bis Skagen fahren wir mit dem Motor bei fast vollständiger Flaute. Gegen 21 Uhr legen wir an. Für den kommenden Tag ist auf dem Skagerrak drehender schwacher Wind angesagt. Ab der Nacht zum Donnerstag gibt es Sturm. Eine Weiterfahrt erscheint uns zu risikoreich.

Mi. 13. und Do. 14. Juni Hafentage in Skagen

Nach den Arbeiten an der Dieselanlage machen wir am Nachmittag bei Sonne eine Fußwanderung zum Grenen, der Nordspitze von Jütland, Grenze zwischen Kattegat und Skagerrak. Beeindruckend ist, wie die Wellen aus verschiedenen Richtungen aufeinander zu laufen. Durch Sandablagerung wächst die Halbinsel beständig. Auf dem Rückweg wird es kühl, der Wind hat zugenommen. Etwa 21 Uhr sind wir erschöpft zurück. Nachts kommt der angesagte Starkwind aus SW, am Donnerstag Nachmittag Regen dazu. Bei uns hat längsseits ein norwegischer Einhandsegler aus Fredrikstad mit einer älteren Hallberg Rassy 94 gelegen. Trotz des Starkwindes legt er ab. Das Großsegel refft er sorgfältig ein. Das Boot hat ein geschlossenes Steuerhaus. Ziel ist die schwedische Küste. Wir werden von Nanny und Georg aus Niendorf zum Kaffeetrinken auf die „Freedom of Man“ eingeladen. Sie hatten uns gestern schon beim Anlegen die Leinen abgenommen. Das Boot ist ein 1971 auf der Isle of Man gebauter Langkieler mit zwei hohen unverstagten Carbon-Masten.

Fr.15. und Sa. 16. Juni Skagerrak-Überquerung nach Båly/Spangereidkanal 141 sm

Der Wind hat im Hafen von Skagen deutlich abgenommen, die Sonne scheint. Die GRIB-Daten zeigen für zwei Tage abnehmenden Wind, bevor in der nächsten Woche wieder ein Sturmtief mit viel Regen kommt. Der Seewetterbericht besagt SW 5 bis 6, strichweise Schauerböen, See 2,5 m, abnehmend 3, S bis SE drehend, für Samstag SE bis S, 0 bis 2 Bft. Wir legen gegen 12 Uhr ab. Ich habe 2 Reffs eingezogen. Noch im neuen großen Vorhafen ziehe ich das Groß, kurz vor Skagens Rev noch in Landabdeckung, auch die Fock 1. Danach muss ich einen großen Bogen um einen Schleppzug mit Schiffs-Segmenten auf einem Ponton fahren. Dann geht es zur Sache: der Wind mit über 20 kn und die Wellen kommen aus SW. Ich steuere von Hand mit leichtem Schrick in den Schoten etwa 40° zum Wind. Das Boot läuft durchs Wasser um die 6 kn, über Grund bei Strom von vorn nur ca. 4 kn. Die Libra geht wie ein Korken über die zuweilen wohl 3 bis 4 m hohen Wellen. Doch in größeren Abständen gibt es einzelne gemeine Kavents-Wellen, die sich steil aufschaukeln und seitlich gegen die Bordwand klatschen. Dann bekomme ich eine Dusche auf Kopf und Rücken. Mein leichtes Ölzeug ist nicht wasserdicht. Auch der Norweger-Pullover darunter ist nicht warm genug. Trotz meiner Überzieh-Hose mit einem wasserdichten Sitz-Pad, wird es feucht am Hintern. Der Pinnenpilot kann den Kurs nicht lange halten. Zum Pinkeln in die Ecke des Cockpits mit dem Wasserabfluss kann ich mühsam die Hosen herunter und noch schwerer wieder hoch ziehen. Das geht, weil ich keine Latzhose anhabe. Heidi liegt warm und trocken auf dem Boden der Kajüte. Sie hat sich Kojenpolster hingelegt. Ihr ist wie üblich etwas unwohl, also keine Ablösung für mich. Nach über fünf Stunden muss etwas geschehen. Ich drehe bei: Wende, aber die Fock bleibt back, Großschoten voll lösen, Bullen dicht holen und die Pinne hart nach lee mit einer Leine festbinden. Die Fahrt ist aus dem Schiff. Wir treiben langsam quer. Es schaukelt zwar noch. Ich kann aber ruhig unter Deck gehen. Dort ziehe ich die nassen Klamotten aus, gehe zur Toilette, dann neue trockene Sachen anziehen, zusätzlich meinen Island-Pullover und einen normalerweise 100%ig dichten Regen-Anzug. Dann geht es wieder weiter. Ich schaffe es, mit dicht geholtem Groß die Wende zurück zu fahren, ohne die Fock ab zu schmeißen. Nach und nach kommen wir der norwegischen Küste näher. Voraus auf der Seekarte lese ich Lillesand. Um Mitternacht haben wir nur noch 15 kn Wind. Die Wellen sind moderater. Jetzt kann der Autopilot den Kurs halten. Ich habe wieder einen nassen Hintern, werde müde. Heidi ist bereit, mich abzulösen. Jetzt kann ich mich auf den Fußboden legen. Auf der Koje hätte ich bei der Krängung keinen Halt, müsste sonst erst das Leesegel befestigen. Nach 1,5 Stunden haben wir nur noch 12 kn Wind, ich muss ausreffen. Um 4 Uhr früh ziehe ich die Genua und übernehme wieder die Wache. Die Küste liegt vor uns. Der Wind dreht westlicher. Ab 6 Uhr müssen wir kreuzen. Gegen 13 Uhr liegt Kristiansand querab. Vormittags scheint die Sonne. Dann zieht es sich allmählich zu. Zwar brauchen wir bei südlichem bis östlichem Wind nicht mehr zu kreuzen, werden aber zunehmend langsamer. Für knapp zwei Stunden läuft der Motor. Bei Mandal beginnt es zu regnen. Wieder haben wir achterlichen Wind. Die Wetteraussichten für die nächsten Tage besagen wechselhaftes Wetter, nordwestlichen Wind, demnächst wieder ein Sturmtief. Wir brauchen einen sicheren Hafen. 2009 auf der Rückfahrt von Kirkenes haben wir Peter und Herta Steinberg in Tananger getroffen. Sie waren danach im Rekefjord und östlich von Lindesnes in Båly, während wir in Egersund geblieben sind. Sie haben uns beide Häfen sehr positiv beschrieben. Deshalb entscheiden wir uns für Båly, eine Weiterfahrt um Lindesnes und Lista erscheint uns zu riskant. Unser Weg führt an mehreren Inseln vorbei. Der Regen wird dichter. Zuletzt noch 7 sm mit Motor, um 21:30 Uhr legen wir längsseits an einem längeren Schwimmsteg hinter einem Motorboot an. Wir können schlafen.

So. 17. bis So. 24. Juni 8 (!) Hafentage in Båly/Spangereid vor Kap Lindesnes

Am Sonntagvormittag bezahlt Heidi in der Verkaufsstelle des „Hytteservice“ die Liegegebühr, moderate 150,- Kronen mit Strom und Wasser, duschen kostet 20,- Kronen. Die Toiletten mit Duschkabine sind einfach aber akzeptabel. Auch Wäsche können wir waschen lassen, je 45,- Kronen für jede Maschine. Ein Supermarkt „Kiwi“ ist in Hafennähe. Nur der nächste Geldautomat ist im 18 km entfernten Vigeland. Am Hafen ist das sog. „Havhotel“. Dort gibt es ein offenes WLAN mit Internet, aber mit meiner Lunatronic-Mast-Antenne reicht es nicht bis an unseren Liegeplatz. Hinter dem Hotel wird auf einem Ponton aus Beton ein großes Unterwasser-Restaurantgebaut. Es soll später vor der Küste versenkt werden. Sonntag Mittag essen wir in einem ThaiRestaurant am Hafen. Bei einem Rundgang durch den Ort sehen wir neue Häuser, z. T. noch im Bau, mit Privat-Häfen am Spangereidkanal direkt vor der Tür. Der 2007 eröffnete Kanal bietet einen kurzen Weg zur Umgehung der Halbinsel Lindesnes, allerdings nur für Motorboote. Die Brücken sind 4,50 m hoch, Tiefe 2 m. Schon in der Eisenzeit soll ein Kanal existiert haben. Am Montag regnet es. Die Wettervorhersage zeigt für die ganze Woche keine Möglichkeit für ein Weiterkommen an der ungeschützten Küste bis in Höhe Stavanger. Ich schreibe am Reisebericht. Am Dienstag scheint die Sonne. Im Havhotel leihen wir 2 Fahrräder aus, sportliche Mountainbykes, für zusammen 300,- Kronen. Bis zum Kap Lindesnes mit einem Abstecher zum Lillehavn fahren wir auf kurvenreicher Autostraße mit vielen Steigungen 25 km. Immer wieder schieben wir die Räder. Für die Ausstellung im Besucherzentrum und das Betreten des Geländes um den Leuchtturm soll man je 120,- Kronen bezahlen. Auf dem Wohnmobil-Stellplatz fragen wir deutsche Urlauber aus Düsseldorf, ob sie auf unsere Fahrräder achten würden. Nach kurzem Gespräch werden wir erst einmal zum Kaffee eingeladen. Dann ist es schon 17 Uhr, das Besucherzentrum schließt. Oben beim Leuchtturm weht ein frischer Wind aus NW, wohin wir gerne weiter segeln würden. Neben Bunkern aus dem 2. Weltkrieg steht noch das sechseckige Gebäude eines historischen Leuchtturms von 1822. Trichterförmige Öffnungen leiteten den Wind ins Innere. In der abgedeckten Etage darüber brannte ein Kohlefeuer. Schon 1725 gab es ein offenes Feuer auf Lindesnes und ein zweites 3 km weiter, um es von Skagens Odde unterscheiden zu können. Der kleine Lillehavn liegt nordöstlich vom Kap Lindesnes. Dort sehen wir eine finnische Hallberg Rassy, aber keinen Menschen. Es ist fast windstill. Es gibt aber keinerlei Service, keine Einkaufsmöglichkeit. Man kann hier also nur eine begrenzte Zeit abwarten. Im von uns neu gekauften „Havneguiden 3“, der auch viele Ankerplätze aufführt, ist Lillehavn nicht verzeichnet. Am Abend in Båly bei nur leichtem Wind legen wir in eine Box um, verspannen das Boot in alle Richtungen.

Am Mittwoch ist den ganzen Tag Dauer-Regen. Wir verbringen die meiste Zeit an Bord, u. a. mit Bericht schreiben, Lesen und Musik hören. Donnerstags repariere ich die Trinkwasser-Fußpumpe. Seit 2 Tagen bemerken wir ein Pfütze und etwas Wasser in der Bilge. Diagnose nach Demontage: eine der zwei Gummi-Membranen hat ein kleines Loch und weitere Risse. Die Pumpe ist so alt wie das Boot, 27 Jahre. Nach unserem Kauf vor 20 Jahren hatte ich ein Ersatzteil-Kit besorgt. Das kommt jetzt zum Einsatz. Alle Gummi-Teile, Membranen, Ventil-Plättchen und Null-Ringe tausche ich aus. Nachmittags kaufen wir im nahen Supermarkt ein. Da unser Bargeld zu Ende geht, es ist noch von vor zwei Jahren, bezahle ich mit Kreditkarte.

Heidi fragt am Freitag im Hotel nach Bus-Abfahrtzeiten. Eine halbe Stunde später fahren wir nach Vigeland. Dort kann ich Bargeld abheben. Der Bankomat gibt anstandslos 6.000,- Kronen heraus. Vor einigen Jahren war das Limit nur 4.000,- Kronen. Neben dem Rathaus ist ein Kulturzentrum mit einem Caffee und der Gemeindebibliothek. Wir erfahren: im Keller ist das Lindesnes-BygdeMuseum, sowie eine Sammlung von Arne N. Vigeland (1900 bis 1983) mit Gips-Skulpturen und einigen Gemälden. Im Obergeschoss sind Holzschnitt-Bilder, Gipsbüsten und Skizzen von Gustav Vigeland (geb. 1869 im nahen Mandal, gest. 1943 in Oslo). Er war der berühmteste norwegische Bildhauer, der in Oslo den nach ihm benannten Skulpturen-Park mit über 200 Figuren schuf. Wir haben noch Zeit für einen Rundgang zur Kirche. Zufällig ist der Organist, aus Dortmund stammend, anwesend. Er erklärt uns ein restauriertes altes Familienbildnis. Zurück im Hafen lade ich aus dem Internet die neuesten Seekarten-Updates für Norwegen herunter und aktiviere sie für OpenCPN.

Abends füllen wir unsere Trinkwassertanks auf. Sonnabend Morgen steht wieder etwas Wasser in der Bilge. Eine Kontrolle zeigt, um den Bb-Tank herum ist es nass. Also Wasser wieder abpumpen, Tank ausbauen und alle Anschlüsse und Schellen sorgfältig neu montieren. Schraubverbindungen werden mit Teflonband und zusätzlich mit Pantera neu abgedichtet. Auch der Stb-Tank wird kontrolliert. Dort scheint alles trocken zu sein. Aus dem Internet hole ich aus mehreren Quellen Wetteraussichten. Ab Mitternacht soll der Wind etwas abnehmen, bleibt aber immer noch frisch aus NW. Der DWD besagt für den Westausgang Skagerrak und Utsira Süd NW 6 bis 7, später abnehmend 5, ab morgen 4. Bisher hat der Wind tagsüber aber immer zugelegt. Trotz allem, heute Nacht wollen wir es wagen, auch wenn die gesamte kommende Woche der Wind von vorn weht.

So. 24. Juni Båly – Flekkefjord 48 sm

Wir gehen Sonnabend Abend schlafen. Der Wind weht auch im Hafen. Um Mitternacht wird es ruhig. Ich checke den Wetterbericht des DWD: Utsira Süd NW 6 noch 2 Tage. Ich will nicht fahren, schlafe weiter. Früh ist es immer noch fast windstill. Heidi fragt: Warum fahren wir nicht? Wir frühstücken, wollen doch los, nehmen noch Wasser. Vor dem Abbinden kommt Johannes vom Hafenbüro. Wir zahlen die letzte Nacht nach. Es ist kurz vor 10 Uhr. Wir fahren mit Motor 3 sm. Dann können wir segeln, Kreuzkurs. Der Wind legt langsam zu. Um 12:30 Uhr sind es 20 kn, Kap Lindesnes liegt schon zwei Stunden achteraus. Ich drehe bei, 1. Reff, Toilette, Stiefel und Regenjacke überziehen. Um 15 Uhr ziehe ich Reff 2 ein. Wir haben 25 kn, zuweilen auch 30 kn Wind. Wir sind querab von Lista. Das haben wir eigentlich gewusst, Lista ist meist noch gemeiner als Lindesnes. Das dicht Holen der Fock beim Kreuzen ist wegen der Krängung immer schwerer. Zuweilen flattert die Fock. Von Heidi eine Hiobsbotschaft: Diesel läuft in die Kajüte. Wie kann das sein? Wird der Motor laufen? Dann fällt mir ein: in der der Backskiste steht ein Reservekanister. Der Verschluss ist nicht richtig fest. Zwei bis drei Liter Diesel sind vielleicht raus geschwappt. Meine Hoffnung, hinter Kap Lista wird es ruhiger, stimmt nicht. Ich falle ab, Kurs auf die Insel Hidra. Eine Route nach Kirkehamn oder nach Rasvåg habe ich nicht vorbereitet, wäre alles weiter gegen den Wind gewesen bei komplizierten Einfahrten. Den insgesamt längeren Weg landeinwärts nach Flekkefjord kennen wir. Wir jagen wie verrückt. Ich berge das Groß. Unter Fock segeln wir in den Listafjorden. In der Abdeckung von Hidra sind die Wellen weniger. Um 19 Uhr am Eingang zum Fedafjorden Kurs Nord ist der Wind kurz weg,kommt dann mit bis zu 16 kn von vorn. Wir fahren die letzten 6 sm mit dem Motor. Gegen 21 Uhr haben wir einen Platz am Gästeschwimmsteg. Beim Bergen der Fock bemerke ich ein Stück oberhalb des Schothorns einen 10 cm langen Riss im Segel, später einen kürzeren zweiten Riss etwas höher. Für die Reparatur mit Flicken von beiden Seiten, brauche ich eineinhalb Tage mit kurzen Pausen. Mit einer normalen Nähnadel nähe ich durch z. T. vier Lagen Segeltuch, zwei Nadel brechen ab. Die Reparatur soll nicht nur für diese Saison halten. Heidi unternimmt zwei Tage ausgedehnte Einkaufsbummel in der Stadt. Die Sonne scheint intensiv. Tags über stellt sich ein landeinwärts gerichteter südlicher Wind ein, während auf See immer noch 6 Bft aus NW sein sollen. Der erste Liegetag ist frei, dann 50,- Kronen am Parkautomaten. Strom soll noch einmal 50,- Kronen kosten. Das kennt der Automat nicht. Ich gehe erst am Tag nach der Ankunft hin. Der Automat macht noch einen Tag frei. Man soll also schon bei der Ankunft wissen, wie lange man bleibt. Internet gibt es in der nahen Touristinformation mit Passwort. Bis zum Liegeplatz reicht es auch mit der Lunatronic-Mastantenne wieder nicht. Im Service-Gebäude sind 2 Waschmaschinen und ein Trockner. Es ist noch nicht Hauptsaison, die Benutzung frei. Davon machen wir reichlich Gebrauch. Es ist jetzt Dienstag-Abend. Ein Motorboot aus Oslo hat vorhin abgelegt, Ziel Egersund. Donnerstag kommt noch einmal Starkwind. Auch wir werden es wagen, los zu fahren, auch wenn der Wind erst am Wochenende dreht, dafür im Hochdruckgebiet vielleicht sehr schwach wird.

Di. 26. bis Mi. 27. Juni Flekkefjord – Kvitsøy 97 sm

Um 21:30 Uhr legen wir ab. Aus dem Flekkefjord, durch den Hidrasundet bis zur Insel Eigerøy vor Egersund müssen wir motoren, kein Segelwind. Gegen 5 Uhr kommt der Wind, natürlich von vorn und nimmt innerhalb von 15 Minuten so zu, dass ich reffen muss. Eine Stunde später wechsele ich auf die in Flekkefjord schon angeschlagene Selbstwende-Fock 2. Der Wind weht mit 20 kn aus NW, registrierter Spitzenwert 29 kn. Ich muss von Hand steuern. Heidi liegt mit leichten Kreislaufproblemen in der Koje. Wie schon früher praktiziert, drehe ich bei, wenn ich mich umziehen und zur Toilette muss. Später bei Segelwechsel, wenn ich aufs Vorschiff gehe, nimmt Heidi vorübergehend die Pinne. Für siejetzt erst eine neue Erkenntnis: es kostet keine große Kraft. Der Autopilot ist bei stärkeren Wellen zu dumm, dreht einfach durch den Wind. Im Laufe des Tages kommt immer mehr die Sonne durch, die Temperatur auf See 14°C, Luftdruck inzwischen 1028 hPa. Um 15 Uhr liegt Jaerens Rev querab. Der Wind ist moderater geworden. Ich habe aus gerefft und die reparierte Fock 1 gesetzt. Um 16:30 Uhr wechsele ich sogar auf Genua, um gegen die Wellen voran zu kommen. Kurz vor Kvitsøy frischt wieder etwas auf. Unser angestrebtes Ziel Skudeneshavn auf Karmøy geben wir auf. Eine Route für die Südansteuerung von Kvitsøy ist in OpenCPN und auch im GPS gespeichert. Nach dem Segelbergen fahren wir auf eine Mauer aus Fels zu, ein kleiner Leuchtturm mit einem roten Kegel als Dach markiert das Loch der Durchfahrt. Um 21 Uhr gibt es noch einen Platz für uns mit dicken LkwReifen am Kommunalkai. Direkt vor dem Boot das einfache Service-Gebäude, Strom und Wasser. Die Liegegebühr von 200,- Kronen ist per Briefumschlag in einen Briefkasten zu stecken. Mit meiner Mastantenne finde ich ein offenes WLAN, nur ist es sehr langsam. Ich bin hundemüde, habe seit ca. 40 Stunden nicht geschlafen, von Sekundenschlaf an der Pinne abgesehen. Das ist beim Segeln weniger ein Problem als beim Autofahren. Wenn man nicht mehr den gewohnten Druck der Pinne in der Hand hat, das Wasser nicht mehr rauscht, weil die Fahrt aus dem Schiff ist und es in den Wind geht, dann wird man wieder wach. Für morgen Donnerstag ist wieder stärkerer Wind für Utsira mit 5 bis 7 Bft aus NW bis N angesagt, also wieder ein Hafentag. Jetzt haben wir endlich die kritischen Seegebiete von Skagen bis hinter Jaerens Rev geschafft. Seit dem Start in Rostock sind wir jetzt genau 3 Wochen unterwegs. 2012 waren wir Ende August auf der Rückfahrt für vier Nächte auch hier auf Kvitsøy. Als damals endlich Nordwind kam, sind wir nonstop durchgesegelt, nur eine Nacht in Varberg auf der schwedischen Kattegat-Seite verbracht. Vom 31.8. bis 5.9. haben wir die gleiche Strecke in anderer Richtung geschafft. Hätten wir früher starten können, wäre es vielleicht besser gelaufen. Aber ein mecklenburgisches Sprichwort besagt: „Harr dei Hund nich scheeten, harr hei nen Hasen hadd!“ Nach neuesten GRIB-Daten soll demnächst endlich mal südlicher Wind kommen, hoffentlich nicht zu schwach.

Heidi geht wegen Ansichtskarten nachmittags noch einmal zum Coop, während ich mich an Bord beschäftige. Bei der Rückkehr tritt sie sie mit dem Fuß neben der Mittelklampe auf das Deck. Das Gelcoat oder ihre Schuhe sind glatt, sie rutsch ab und fällt in die Lücke zwischen Boot und Reifen. Ich hatte wegen der Tide von ca. 30 cm die Leinen etwas gelockert. Mit ihrem Rucksack bleibt sie eingeklemmt hängen, bis zur Hüfte im Wasser. Ein junger Mannes hilft mit, Heidi hoch zu ziehen. Zum Glück hat sie keine ernsthaften Verletzungen, nur eine Prellung des rechten Ellbogens und Zerrung der linken Schulter.

Fr. 29. Juni Kvitsøy – Haugesund 26 sm

Wir legen 12:30 Uhr ab, wollen evtl. nachts weiter segeln. Vorhersage DWD: N 5 Bft, abnehmend 4 Bft, nach GRIB-Daten nur 15 kn. Hinter der engen West-Ausfahrt ist der Wind frisch, die See bewegt. Ich ziehe 2 Reffs ein, setze die prophylaktisch angeschlagene Selbstwendefock. Wir entscheiden, durch den Karmsund zu kreuzen. Der NW-Wind wechselt von 15 bis 25 kn. Das Boot läuft mit 4 bis 6 kn. Ich muss nur steuern, keine Schoten bedienen. Hinter Kopervik wird es enger, und gerade jetzt kommen eine große Fähre und mehrere Frachter. Auf engem Raum zwischen Felswand rechts und entgegen kommendem Schiff links wende ich in ganz kurzen Schlägen, alles kein Problem für mich. Für den Wachhabenden auf der Brücke muss das verrückt ausgesehen haben, er tutet. Ein Segelboot kann nun mal nicht direkt gegen den Wind segeln. Um 18 Uhr bergen wir vor der Brücke südlich von Haugesund die Segel. Gegen den starken Wind haben wir noch 2 sm bei ca. 1 kn mitlaufendem Strom bis in die Innenstadt von Haugesund zu fahren. Am offiziellen Gästesteg unter der hohen Brücke ist alles belegt, und auch dahinter liegt Boot an Boot. Wir sehen eine Lücke, vielleicht gerade ausreichend für unser kleines Boot. Wir wagen das Anlegen bei Wind genau von vorn. Von dem Motorboot vor uns nimmt ein Mann, dem ich in Kvitsøy geholfen habe, die Leinen ab. Hinter uns liegt ein großes Stahl-Segelboot. Ich schiebe uns langsam an der Bordwand entlang. Unser Boot hat vorn und hinten weniger als 0,5 m Luft. Am Kai sind große Lkw-Reifen. Das Aussteigen ist wieder beschwerlich und gefährlich. Auf der Straße ist ein Riesen-Spektakel: Lauf-Veranstaltung: „Iron Girls“, ein Wettlauf für junge Mädchen und Frauen. Die Männer haben einen anderen Termin. Wir machen einen Rundgang. Es ist kühl und windig. Vom Bankautomaten hole ich noch Geld. Als wir an Bord gehen, sind am Freitag-Abend die zahlreichen Gaststätten gut besucht. Bis weit nach Mitternacht hören wir Bums-Musik. Nachts soll der Wind für 2 Tage endlich mal auf Süd drehen. Wir stellen uns auf 4 Uhr den Wecker.

30. Juni bis 01. Juli Haugesund – Rugsund 167 sm

Es ist früh kühl und der schwache Wind kommt tatsächlich von hinten. Wir ziehen uns warm an. Zum Ablegen 4:40 Uhr lege ich eine lange Achterspring auf die Heckklampe der Land abgewandten Seite. Nachdem alle anderen Leinen los sind, starte ich den Motor. Mit Vorwärtsgang und die Pinne so gelegt, dass auch das Heck abgedrückt wird, schwenkt der Bug langsam Richtung Fahrwasser. Das Boot hängt hinten an der Achterspring. Nachdem wir vorn frei sind, wird die Achterspring gelöst und eingeholt. Wir fahren elegant aus der engen Lücke heraus. Nach 10 sm Motorfahrt bei Flaute über die Sletta können wir kurz vor Espevaer Groß und Genua setzen. Wegen des zunächst schwachen Windes nehmen wir den unüblichen geraden Weg außen vor der Küste. Am Vormittag nehmen Wind und Welle zu. Ich muss mehrfach die Segel wechseln. Bei über 20 kn Wind fahren wir vorübergehend sogar nur mit der Fock. Um 15 Uhr biegen wir beim Marstein-Leuchtturm südlich von Bergen in das Innenfahrwasser ein. Von See, aus SW kommend, überholt uns unter Spinnaker der Zweimaster „Peter von Sestermühe“, ein altes gut erhaltenes Holzboot. Hinter der Einfahrt fegen erst recht intensive Böen um die Ecken und von den Bergrücken. Erst in Höhe der Landebahn des südlich von Bergen gelegenen Flugplatzes wird es ruhig. Auch hier müssen wir uns mit dem Schiffsverkehr arrangieren. Um 19 Uhr biegen wir bei Strusshamn in den Hjeltefjord ein. Wie schon früher an gleicher Stelle überholt uns ein von Bergen kommendes Kreuzfahrtschiff. Diesen breiten langen Weg mit parallelem Schiffsverkehr sind wir auch früher schon bei Nacht gesegelt. Unter Autopilot mit Wegpunktsteuerung übernimmt Heidi für knapp 2 Stunden die Wache. Sie hat nur Ausschau zu halten. Auf dem Computerbildschirm sieht sie, ob wir richtig fahren. Alle Schiffe mit AIS werden schon in großem Abstand angezeigt. Wenn ein Wegpunkt erreicht ist, gibt der Autopilot Signal. Ein kurzer Knopfdruck, und das Boot steuert von selbst auf den neuen Kurs. Nachts 2 Uhr erreichen wir kurz vor der Insel Fedje eine sehr enge Insel-Durchfahrt zum Fensfjord. Hier fährt auch die Fähre ab. Diesen Weg kennen wir bei Tag. Die Route ist programmiert. Es ist zwar nicht sehr dunkel, aber es steigen Nebelschwaden zwischen den Felseninseln auf. Ich wecke Heidi. Mit leichtem Wind schwebt das Boot über das Wasser. Nach Querung des Fensfjorden kommt die nächste nicht mehr so enge Durchfahrt zwischen den Inseln bei dem Hafen Byrkenes. Zwischen 4 und 5 Uhr queren wir den Sognesjoen. Überall muss man mit Schiffsverkehr rechnen. Gegen 6 Uhr passieren wir die engste Stelle des Ytre Steinsund. Um 7 Uhr an der Ausfahrt schläft der Wind ein, Motor an. In diesem Jahr nehmen wir eine Abkürzung östlich der Insel Ospa. Genau querab der markanten hohen Insel Alden begegnet uns das erste Hurtigrutenschiff in diesem Jahr, die „Nordkapp“. Auf dem weiteren Weg vorbei an Florø können wir nur kurze Strecken segeln, weil immer wieder der Wind einschläft. Erst am Eingang zum Frøsjøen gibt es durch Düsenwirkung richtigen Segelwind. Unterhalb des Hornelen ist er dann durch Abdeckung plötzlich weg. Unter Motor geht es durch die 15 m hohe Brücke Richtung Nordfjord. Wir sind hier schoneinmal gefahren. Es folgt noch eine kanalartige enge Durchfahrt. Wir biegen ein und sehen ein niedrig hängendes Kabel vor uns. Wie kann das sein? Ich fahre rückwärts. Wir sind ratlos. In Rugsund gleich hinter der Durchfahrt warten Andrea und Karsten von der „SY Happy Hour“. Ich gehe an den PC, will prüfen, ob für den Kanal eine Durchfahrtshöhe angegeben ist. Dann sehe ich die Aufzeichnung unseres Tracks und wenig weiter eine zweite Durchfahrt. Wir waren zu früh eingebogen. Am Kanalufer stehen Andrea und Karsten, um uns zu fotografieren. Karsten ruft uns zu: „hinten herum fahren“, und ich höre noch „Betonschwimmsteg“. Wir fahren um die Happy Hour hinten herum, legen daneben an. Es ist aber ein sehr wackeliger desolater Ausleger mit maroden Brettern. Dann sehe ich auf der Innenseite des Holzschwimmstegs einen längsseits angebundenen Beton-Ponton. Ich gehe hin, er wackelt nicht, hat aber auch kaum Möglichkeiten zum anbinden, nur eine Klampe. Wir legen um. Andrea und Karsten kommen. Bei Ihnen an Bord gibt es noch ein Abendessen mit Thunfischsalat und Nudeln. Erst nach Mitternacht gehen wir schlafen. Der frühere Landhandels-Laden hat geschlossen. Ansonsten ist es noch so wie vor einigen Jahre: WC und Dusche für 10 Kronen-Münze um die Scheune herum, Wasserschlauch und Steckdose am Haus, Liegegebühr 150,- Kronen in den Briefkasten. Am Montag Vormittag sind unsere Freunde bei uns zum Kaffeetrinken. Ich habe meinen Wetterempfänger umprogrammiert. Ab hier brauche ich vom DWD nicht mehr Ost- und Nordsee sondern Norwegische See beginnend mit Svinoy. Karsten zeigt mir, wie man das Smartphon als Hotspot für eine Internetverbindung des Computers mit Kabelanschluss über USB nutzen kann. Es ist ganz einfach: in Einstellungen, „Tethering & mobiler Hotspot“ aktivieren und an den PC anstecken. Schon bin ich im Rahmen unseres Datenvolumens online. Gesehen habe ich diese Einstellmöglichkeit schon, wusste nur nicht, dass es so einfach funktioniert. Das Wetter ist kühler geworden. Ich schreibe noch am Bericht. Unsere Freunde machen eine Bergwanderung

Mo. 02. bis Di. 03. Juli Rugsund – Midsund um Stadlandet nur Motor 81 sm

Wir legen noch abends um 22 Uhr ab. Ab Dienstag Abend soll der Wind auf Nord drehen. Wir wollen vorher um das berüchtigte Kap Stadlandet. Der anfangs westliche Wind kommt für uns zunächst von vorn, ist aber so schwach, dass wir unter Segel kaum vorwärts kämen. Wir fahren aus dem Nordfjord, bei Måløy durch die Brücke, weiter den Ulvsund, vorbei an der Insel Silda nach NW Richtung offene See. In beiden Richtungen haben wir parallelen Schiffsverkehr. Es wird nicht mehr richtig dunkel. Trotz fast totaler Flaute nimmt der Seegang zu. Eine unregelmäßige Dünung lässt die „Libra“ unangenehm schaukeln. Heidi übernimmt die Wache. Um 4 Uhr früh bei Sonnenaufgang steuert sie uns um die Spitze Kjeringa. Die Hurtigroute „Polarlys“ kommt von rechts um die Ecke uns entgegen. Wir nehmen den kürzesten Weg durch zwei Brücken vorbei an Fosnavåg. Dahinter machen wir zum ersten mal in diesem Jahr eine Stunde Angelpause. Das Ergebnis: ein nur mittelmäßiger Dorsch, für eine Mahlzeit gerade genug. Wir motoren weiter durch den Breisundet, vorbei an Ålesund, über das Lepsøya Rev, in den nach Molde führenden Midfjorden. Nach ca. 10 sm geht es durch eine 18 m hohe Brücke in den gleich dahinter liegenden Hafen von Midsund, Anlegen um 19 Uhr. Hier ist eine zwar kleine aber feine neue Marina. Ab morgen ist wieder zu viel Wind für die Hustadvika, und er kommt von vorn.

04. und 05. Juli Hafentage in Midsund

Neben uns liegt eine 42 Fuß Bavaria aus Kristiansund. Das norwegische Paar mit zwei Jungen im Schulalter hatte uns auf einen freien Platz gelotst, wo wir Strom und Wasser haben. Am eigentlichen Gästesteg wird noch gearbeitet. Das Klubgebäude ist recht neu und komfortabel. Liegegebühr wie meist üblich 150,- Kronen. Beim Duschen kommt auch ohne20,- Kronen für den Automaten unbegrenzt warmes Wasser. Visavi sind gleich zwei Supermärkte, „Spar“ und „Coop“. Die Nachbar-Jungen angeln vom Steg Makrelen. Wir bekommen drei Stück geschenkt. Ich soll auch angeln. Mir reißt nach kurzer Zeit die Angelschnur mit dem neu gekauften Makrelen-Vorfach und einem kleinen Pilker, der sich wohl verhakt hatte. Ich habe früher schon etliche teure Pilker eingebüßt. Im „Coop“ kaufe ich außer verschiedenen Vorfächern ein tropfenförmiges Bleigewicht. Das soll sich nicht mehr am Grund verhaken. Wir bekommen abends als Trost für uns eine große Portion Shrimps geschenkt, der Rest von einer Versammlung des Bootsklubs. Mehrere Stunden arbeite ich bei schönstem Wetter erfolglos an dem Motorantrieb meines ältesten Autopiloten. Es gibt eine mechanische Blockierung. Die Schraubspindel hat ein Kugellager. Anscheinend verklemmen sich die Kugeln infolge Abnutzung. Außerdem hat der Zahnriemen zu viel Luft. Bei meinem zweitältesten Autopiloten, der auch nur noch als Motorantrieb zu gebrauchen ist, habe ich deshalb einen Streifen Papiertape auf das größere Rad geklebt. Ich hätte mir die Arbeit sparen können. Neben dem Original-Motorantrieb für den Raymarine SPX 5 habe ich zwei weitere funktionsfähige Antriebe. Der wenig genutzte Simrad TP 22 macht auch weiter Probleme. Nach einiger Zeit korrekter Funktion beginnt er ohne ersichtlichen Grund plötzlich immer größer werdende Schlangenlinien zu steuern.

Unsere Nachbarn machen eine Bergtour. Nepalesische Sherpas haben 2016 aus sauber bearbeiteten Felsplatten eine auf 275 m Höhe führende steile Treppe gebaut. Am zweiten Tag bei kühlem und windigen Wetter steigen auch wir alten Knochen die Treppe hoch und haben eine phantastische Aussicht. Die weiterführenden Wanderwege wären zu viel für uns. Vorsichtig steigen wir wieder abwärts. Unsere schon von Arthrose betroffenen Gelenke haben die Tour erstaunlicherweise gut verkraftet. Vorher wollte Heidi ein neues Makrelen Vorfach kaufen, verwechselt dabei die Beschriftung. Also gehen wir noch einmal zum „Coop“, um es umzutauschen. Das norwegische Paar war nach uns auch wieder auf einem anderen Berg. Spät abends, als wir schlafen gehen wollen, sehe ich am Steg Fische hoch springen. Ich nehme meine bessere Angel mit festerer Schnur, habe daran noch ein kurzes altes Vorfach mit winzigen Plaste-Fischchen und Büscheln. Bei dem kleinen Pilker ersetze ich vorsichtigerweise den Dreifachhaken durch einen einfachen Gummiköder. In ca. einer Stunde habe ich 6 Makrelen. Bis nach Mitternacht schneide ich die Köpfe ab und nehme die Eingeweide raus. Für den nächsten Morgen habe ich den Wecker auf 4 Uhr gestellt.
Fr. 06. bis So. 08. Juli Midsund – Leka nonstop 215 sm

Auch ohne Frühstück brauchen wir über eine Stunde bis zum Ablegen. Nach 3 sm mit Motor aus der großen Bucht zwischen den Inseln Midøya und Otterøya segeln wir mit SWWind auf dem Herøyfjorden nordwärts. Bei Bud biegen wir in den uns schon bekannten geschützten inneren Weg der Hustadvika ein. Es ist Slalomfahrt zwischen vielen kleinen Inseln. Bald kommen wir jedoch in das offenere Seegebiet bis Kristiansund. Über etliche Stunden werden wir von der Dünung geschubst. Erst am späten Nachmittag in der Tromdheimsleia ist das Wasser ruhiger. Mit frischem achterlichen Wind laufen wir meistens über 5 kn. Streckenweise segeln wir nur mit der Fock bzw. der Genua. Die Route habe ich auf die rechte Seite gelegt. Es gibt keine Probleme mit dem Schiffsverkehr. Der Autopilot fährt mit Wegpunktsteuerung. Nachts lösen wir uns wechselseitig ab. Es ist bewölkt, maximal 14°C am Tag, nachts 11°C. Man muss warme Sachen unterziehen. Früh gegen 5 Uhr fahren mehrere Kreuzfahrtschiffe landeinwärts Richtung Trondheim. Wir biegen ab, vorbei an Storfosna und dem roten Kjeungsky-Leuchtturm. Der Wind wird schwächer, bleibt bei SW. Mittags vor Stocksund fahren wir hinaus auf das offene Frohavet in der Hoffnung, dort besseren Segelwind zu haben. Dafür müssen wir wieder mit einer gewaltigen Dünung vorlieb nehmen, wohl über zwei Meter hoch. An Steuerbord sehen wirden Leuchtturm Kaura, später an Backbord Kya in der offenen See. Dort ist ab 18 Uhr Flaute. Die gesamte ebenfalls berüchtigte Folla müssen wir stundenlang bei hoher aber weicher Dünung motoren. Auf dem üblichen inneren Weg hätten wir vielleicht den Motor schon früher gebraucht, wären aber länger in ruhigem Wasser unterwegs gewesen. Erst in der Zufahrt nach Rørvik wir es ruhig. Früh um 2 Uhr fahre ich durch die hohe Brücke. Im Laufe des Tages soll Regen kommen und auch Starkwind auf See. Wir fahren noch 20 sm bis zur Insel Leka. Zwischendurch kommt kurz östlicher Wind bis 10 kn. Einen Segelversuch muss ich aber bald wieder aufgeben. Um 7:30 Uhr legen wir am Schwimmsteg auf Leka an. Es ist wie früher: 150,- Kronen in den Briefkasten, Servicegebäude neben dem Fähranleger. Am Tag kommen noch einige Boote dazu.

Nachmittags kommt der vorhergesagte leichte Regen. Wir holen versäumten Schlaf nach, duschen, starten eine Waschmaschine und machen es uns an unserem 52. Hochzeitstag bei Kaffee an Bord warm und gemütlich. Ich aktualisiere den Reisebericht. Es gibt mittags und abends die restliche Fischsuppe, den letzten Joghurt aus Rostock und Blaubeeren aus dem Laden von Midsund. Am Vortag hat unser Sohn in Rostock seinen 50. Geburtstag gefeiert. Wir erhalten Fotos per Smartphone. Uns ist unsere bisherige zwar verspätet gestartete und trotz Wetter-Widrigkeiten erfolgreich verlaufene Reise ebenso viel wert, wie die Anwesenheit auf einer von der jüngeren Generation gestalteten mehrstündigen Familienfeier mit übermütiger Tanzparty.

Mo. 09. bis Mi. 11. Juli Leka – Polarkreis – Inndyr nonstop Kreuzkurs 179 sm

Das Wetter in Leka beruhigt sich. Mittags 12:45 Uhr legen wir ab. Bei leichtem variablen nördlichen Wind kreuzen wir, vorübergehend ein Anlieger, Durchfahrt Brønnøysund mit Motor. Am Gästeschwimmsteg legen wir kurz vor 21 Uhr an. Heidi schafft noch einen Einkauf im Coop, ich gehe zum Geldautomaten. Wir segeln weiter in die Nacht. Bei den Kreuzschlägen lege ich mich schlafen, zu den Wenden weckt Heidi mich. Um 3:30 Uhr ist Totenflaute. Wir angeln. Nach einem Dorsch beißt irgendwas großes an. Dann hole ich einen Köhler ins Boot. Er hängt am letzten roten Gummiwurm des Vorfaches, der Rest mit drei Haken und meinem neuen Bleigewicht ist weg. Wie soll der andere Fisch damit weiter leben? Ich filetiere ohne auszunehmen. Nach 1,5 Stunden geht es weiter, bis 7 Uhr querab Tjøtta zunächst mit Motor. Der Rest ist in wenigen Worten gesagt: praktisch alles Kreuzkurs bei variablem nördlichen Wind und viel Sonne. Der norwegische Wetterbericht sagt: schiftende Bris. Insgesamt kommen wir auf 150 sm segeln und 29 sm Motor. Wir fahren den normalen inneren Weg nordostwärts. Am Dienstag-Abend um 22:50 Uhr segeln wir innen an der Insel Vikingen mit dem Polarkreismonument vorbei. Von Norden kommend fährt das Kreuzfahrtschiff „Albatros“ außen vorbei. Im Licht der anschließend für nur 2 Stunden untergehenden Sonne mit dem Hestmannen im Hintergrund ist es ein beeindruckendes Bild. Erst 1,5 Stunden später unter kurzer Motorfahrt in Landabdeckung sind wir über den tatsächlichen Polarkreis 66° 33' 44“ N. Heidi öffnet eine Flasche französischen Champanger, diesmal alkoholfrei, da wir jetzt im Alter weise geworden sind. Bei mir gibt es die gleichen kurzen Kreislaufeffekte wie bei normalem Sekt. Zunehmend macht mir die Müdigkeit zu schaffen. Die kurzen Schlafmöglichkeiten bei den Kreuzschlägen reichen nicht. Vor der Insel Bolga um 4:25 Uhr wechsele ich wegen auffrischendem Wind auf die leichter zu bedienende Fock 1. Im Halbkreis geht es gegen 9 Uhr um den markanten Berg Kunna. Der Himmel hat sich bezogen. Vor allem ich bin erschöpft. Wir fahren nach Osten durch den kurzen engen Stavsund nach Indyr am Sørfjorden. Wir waren vor 2 Jahren dort, wissen dass es alle Versorgungsmöglichkeiten dicht am Hafen gibt. Ein einheimischer Motorbootfahrer zieht für uns sein Boot etwas zurück und nimmt die Leinen ab. Ich schlafe ca. 3 Stunden, dann duschen wir. Heidi kocht Fischsuppe. Abends schreibe ich noch Bericht.

Do. 12. Juli Hafentag in Inndyr

Heute gegen Mittag wollen wir weiterfahren. Es ist trübe, im Hafen kein Wind. Ich starte den Motor. Die Drehzahlanzeige bleibt bei Null, am Batteriemonitor keine Ladespannung. Bei „Power on“ brennt nur die Ölkontroll-Lampe, nicht die Ladekontrolle. Wir wollten vor der Weiterfahrt noch Diesel tanken. Das erledigen wir zunächst, legen zur Zapfsäule bei der Werkstatt gegenüber um. Für 900,- Kronen fülle ich 75 Liter Diesel nach. Die Berechnung ergibt, wie schon früher: 1 Liter pro Stunde bei meiner zurück haltenden den Motor schonenden Fahrweise (ca. 4 kn). Danach geht es wieder an unseren Liegeplatz. Die Fehlersuche in Stichworten: Keilriemen o. k., beim externen Sterling-Hochleistungs-Regler brennen die Kontroll-LED. Montiert ist eine Hochleistungs-Lichtmaschine 110 A, die nur mit dem externen Regler arbeitet, weil ich den internen mal durch eine falsche Einstellung zerstört habe. Test mit Multimeter: Erregerwicklung o. k. Es könnte ein Fehler irgendwo in der Verdrahtung sein, oder der Sterling-Regler. Ich finde auch nach Ausbau des Motorpaneels nichts, nur einen nicht relevanten Drahtbruch an einer Parallellampe zur Ladekontroll-LED. Die eine Ersatz-Lichtmaschine mit 70 A kann ich nicht montieren, der abgenutzte Keilriemen lässt sich nicht spannen. Die alte Original-Lichtmaschine mit 50 A arbeitet auch nicht, die Ladekontrolle brennt nicht. Ich bin zunächst ratlos. Schließlich krame ich den Ersatz-Keilriemen raus und montiere die 70 A Lichtmaschine. Ein Wunder: sie arbeitet. Inzwischen ist es Abend. Wir werden erst morgen weiterfahren.

Fr. 13. bis Sa. 14. Juli Inndyr – Lødingen 105 sm, davon nur 33 sm Segeln

Das Wetter ist ähnlich wie gestern, nur etwas freundlicher. Wir starten um 11 Uhr. Bei schwachem variablem Wind aus Nord kommen wir segelnd nur zu 50% mit Kreuzen vorwärts, der Rest Motor vorbei an Bodø bis ans Nordende der großen Insel Landegode. Ab 20 Uhr geht es nur unter Motor weiter. Ich nehme die kürzeste Route Slalom durch viele Inseln. Heidi hat vom Schmerzmittel Tilidin gegen ihre permanenten Schulterschmerzen schlimme Nebenwirkungen. Erst früh um 5:30 Uhr im freien Wasser quer ab der Insel Engeløy übernimmt sie die Wache. Ich kann einige Stunden schlafen. Nach 10 Uhr kommt endlich etwas Wind aus West auf. Bis Lødingen können wir noch 15 sm segeln. Um 14 Uhr bergen wir vor dem Hafen die Segel. In dem kleinen geschützten inneren Hafen sind an der Gästebrücke alle Boxen von Motorbooten belegt. Ein größerer Segler liegt rechts außen. Die anderen Stege sind alle mit Toren zum Land verschlossen. Da entdecke ich, links außen ist noch frei. Ein anderer Schwimmsteg in der Nähe des Fähranlegers wäre weniger geschützt. Vor zwei Jahren haben wir dort kein Servicegebäude gesehen. Die Liegegebühr von 150,- Kronen mit Strom kann man auch hier bar im Briefumschlag bezahlen. Es gibt in dem zum Wohnmobil-Stellplatz gehörigen Service-Gebäude zusätzlich einen Bezahl-Automaten. Duschen kann man ohne Begrenzung für 20,- Kronen. Nur Waschmaschinen gibt es nicht, aber doch WLAN mit WPA2 Passwort.

Warum sind wir mit solchem Einsatz eigentlich hierher gesegelt und viel motort? Vor 2 Jahren war hier Ende Juli unser Umkehrpunkt. Bei ungünstigem Wetter mussten wir abwarten. Heidi hat sich damals mit zwei Ehepaaren, Marlene und Willi aus Belgien und Matti und Wim aus Holland, angefreundet. Sie sind seit Jahren von Mai bis September mit ihren Autos immer nur hier. Sie angeln oft und verschenken, was sie nicht selbst verbrauchen. Marlene strickt viel, auch Pullover mit Norweger-Muster. Für Heidi hat sie auch einen gezaubert. Die Wolle dafür hatten wir damals hier gekauft. Der Pullover war lange fertig, nur sollten wir ihn persönlich abholen. Es ist kühl und windig, als wir bei ihnen Kaffee trinken. Willi und und Marlene kommen vom Angeln. Perfekt filetiert Willi seinen Fang und verteilt alles. Auch wir erhalten zwei Filets. Dann überreicht Marlene einen rot-weißen Pullover an Heidi. Sie sieht um Jahrzehnte jünger aus. Dazu passen ihre neue weiße Strickmütze und Handschuhe aus Båly. Abends essen wir gleich die Fischfilets von Willi. Vorher nähe ich endlich einige Zentimeter durch gescheuerter Naht im Großsegel. Bemerkt hatte ich die Stelle schon Tage vorher.

So. 15. und Mo. 16. Juli Hafentage in Lødingen

Wir haben unsere Freunde zur Mittagszeit auf unser Boot eingeladen. Willi macht vorher noch Reinigungsarbeiten. In der Urlaubszeit macht er das 5 Wochen. Dafür braucht er eine Woche nicht zu bezahlen. Heidi hat einen kleinen Brunch vorbereitet mit selbst gemachten Bouletten, Kartoffelsalat, italienischem Salat, getoastetem Brot, ungarischer Salami aus Rostock, Tomaten, Paprika, Obst, Gebäck, Schokolade und Kaffee. Es regnet wie prophezeit den ganzen Tag. In unserer Kajüte ist es trocken und warm. Die lebhafte Unterhaltung können wir überwiegend auf deutsch führen. Das Auf- und Absteigen war für unsere Gäste nicht ganz leicht aber ohne Malheur. Anschließend schreibe ich am Bericht. Heidi schickt per Smartphone ein Foto mit dem neuen Pullover an unsere Freunde und erntet ein begeistertes Echo.

Am Montag bessert sich das Wetter. Es wird die nächsten Tage hochsommerlich warm und kein Wind. Wir kommen ins Schwitzen, als wir um die Mittagszeit zum Einkaufen gehen. Auch der Bankautomat funktioniert. Bei einem früheren Besuch hier hatte er keine Verbindung. Heidi geht wegen ihrer immer noch bestehenden Schulterschmerzen nach dem Unfall auf Kvitsøy am 28. Juni heute in eine Arztpraxis und bekommt für den nächsten Vormittag einen Termin. Ich kaufe im Baumarkt am Hafen ein neues Bleigewicht für die Angel und angenehme Arbeitshandschuhe mit wasserdichten Handflächen. Damit kann man auch nasse Schoten ziehen. Abends sind wir bei unseren Wohnmobil-Freunden. Heidi geht am Dienstag in die Praxis. Die junge Ärztin ist freundlich und nimmt sich viel Zeit. Dennoch fühlt sie sich wohl überfordert. Sie gibt ihr eine Überweisung zum Röntgen ins Universitetssykehuset in Hårstad. Es gibt zwar eine Busverbindung, wir wollen aber ohnehin morgen durch den Tjeldsund dorthin. Von unseren Freunden bekommen wir noch einmal frischen Fisch. Abends beißen uns die Mücken.

Di. 17. Juli Lødingen – Hårstad 34 sm, nur 2 sm Segeln

Der Strom im Tjeldsund läuft 3 Stunden vor bis 3 Stunden nach Hochwasser nach Norden. Hochwasser Narvik ist 16:37 Uhr mit 3m. Wir starten pünktlich 13:30 Uhr. Bei leichtem südlichen Wind ziehe ich Groß und Genua. Eine Stunde später ist Flaute. Bis Hårstad sind es 33 sm, bis zum Ausgang des Tjeldsundes 20 sm. Wir sollten nicht weniger als 4 kn fahren, auch wenn der Strom uns schieben wird. Eine weitere Stunde später frischt der Wind auf, aber genau von vorn. Das bleibt auch so trotz Kursänderungen. Maximal haben wir 27 kn Wind minus 7 kn Fahrt registriert. Den ersten starken mitlaufenden Strom haben wir im Balstadstraumen bei nur 20 m Wassertiefe. Starke Stromwirbel gibt es beim Abzweig des Ramsundes und bei Sandtorg. Unsere maximale Fahrt über Grund war 7,4 kn bei ca. 3 kn Strom. Der starke Gegenwind erlaubt in dem teils engen Sund kein Segeln. Nach der Brücke im Steinslandstraumen werden Strom und Wind weniger. Ab 19 Uhr ist praktisch wieder Flaute bis Hårstad um 21 Uhr. In der Hafenbucht sind hinter einem langen als Wellenbrecher wirkenden Schwimmsteg innen zwei weitere stabile Betonschwimmstege. Es gibt ausreichend Platz. Die Bezahlung erfolgt am Automaten, stolze 250,- Kronen. Die Serviceeinrichtungen in einem Restaurant oder im Hafenamtsgebäude sind nur tagsüber geöffnet. Man liegt direkt in der geschäftigen Innenstadt. Mit einem Straßennavigator lasse ich mir den Weg zum Krankenhaus anzeigen, es sind 1200 m. Heidi befragt eine junge Frau von dem Motorboot vor uns. Sie arbeitet in der Klinik.

Mi. 18. Juli Krankenhausbesuch und Hårstad – Risyøhamn 27 sm Motor

Vormittags machen wir uns beizeiten auf den Weg ins Krankenhaus. Bei Hochsommerwetter geht es bergauf. Von der Information gehen wir zur Röntgenabteilung. Von dort schickt man uns zum Anmelden erst mal zur Ambulanz. Wir erkundigen uns zwischendurch bei einem weiteren Anmeldeschalter. Welch Zufall: dort ist Linda von dem Motorboot am gestrigen Abend. Dann kommt die erste Schwierigkeit: man verlangt den Reisepass. Der Personalausweis und die Gesundheitskarte der Krankenkasse genügen nicht. Ich muss noch mal zum Boot. Die Röntgenaufnahme zeigt: es ist nichts gebrochen, also können wir gehen. Das wussten wir ohnehin schon. Heidi besteht darauf, sich einem Arzt vorzustellen. Der bestätigt dann, dass wahrscheinlich Muskeln und Sehnen beschädigt sind. Er berät sich noch mit seinem Supervisor und empfiehlt, möglichst schnell nach Deutschland zu einer Operation zurück zu kehren. Von einer Kortisonspritze zur Schmerzlinderung rät er ab. Das könnte den Muskelschaden verschlimmern. Die Zuzahlung für die Konsultation war insgesamt ca. 600,- Kronen. Mittags sind wir zurück am Boot. Heidi will nicht nach Hause fliegen und mich nicht allein lassen. Vor unserer Reise hat sie in Rostock bei unserem Orthopäden eine Kortisonspritze in die linke Schulter bekommen, weil sie dort schon Beschwerden hatte. Die rechte Schulter wurde vor knapp 2 Jahren operiert. Meine Schultern wurden wegen Impingementsyndrom drei mal operiert. Rechts sind nach 2 OP's erträgliche Beschwerden geblieben. Wir werden unsere Rückfahrt also ähnlich wie die Hinfahrt gestalten müssen, d. h. jedes Wetterfester ausnutzen. Ansonsten gilt für Heidi, die Schulter nicht überfordern und weiter Schmerzmittel einnehmen.

Um 15 Uhr legen wir in Hårstad ab. Im Vorbeifahren an der Trondeneskirche mache ich Fotos. 2006 auf der Rückfahrt vom Nordkap haben wir sie besichtigen können. Es ist weiter totale Flaute. Wir machen für reichlich eine Stunde eine Angelpause. Ein normal großer Dorsch und ein kleinerer Lumb reichen uns. Erst nach dem Filetieren fahren wir weiter durch den Toppsundet südlich von Gryttøy. Unterwegs brät Heidi das erste Fischfilet und kocht dazu Kartoffel. Um 21:30 Uhr fahren wir in die Risøyrinne ein. Knapp eine Stunde später haben wir in Risøyhamn angelegt. Dort ist jetzt ein solider Betonschwimmsteg.

Do. 19. Juli Hafentag in Risyøhamn

Bezahlen kann man die Hafengebühr von 200,- Kronen im „Joker“-Laden am Hafen. Dort erfährt Heidi am nächsten Morgen das WLAN-Passwort und kann einen Schlüssel für den Dusch-Container ausleihen. Für heute Donnerstag ist Regen angesagt und Wind von vorn für die Weiterfahrt. Wir bleiben einen Tag. Freitag und Sonnabend soll nördlicher Wind kommen. Ich nutze den Tag zum Bericht schreiben.

Fr. 20. bis Sa. 21. Juli Risøyhamn – Sørvågen 99 sm

Wir legen früh kurz nach 5 Uhr ab. Bei Wind aus NE-N segeln wir durch die Brücke von der großen Insel Hinøy nach Andøya. Dicht daneben ist die Anlegestelle der Hurtigrute. Um 8 Uhr entschließe ich mich, den Spinnaker zu setzen. Bei Sortland kommt von hinten das Hurtigruten-Schiff „Nordkapp“. Vor uns ist die Brücke. Auf unserem PC-Bildschirm wird angezeigt, dass wir noch vor dem Schiff durch die Brücke sind. Ich denke, auch auf der „Nordkapp“ wird das so gesehen, denn wir haben ja einen AIS-Transponder, der unsere Position, Kurs und Geschwindigkeit sendet. Es klappt genau wie gedacht. Hinter der Brücke ist die „Nordkapp“ neben uns und macht ein Wendemanöver vor dem Anlegen. Die Hurtigrutenschiffe haben ihre Ausstiegsluke nur an Backbord. Das haben wir auch in Brønnøysund gesehen. Nach dem Ablegen muss wieder gewendet werden. In der anderen Fahrtrichtung kann direkt angelegt werden. Gleich danach muss ich halsen. Das Großsegel geht auf die andere Seite. Da ich zwei Großschoten nach beiden Seiten habe, ebenso zwei Bullentaljen und zwei Backstagen, habe ich nacheinander sechs Leinen zu bedienen. Das kostet etwas Zeit, vermeidet aber mit Sicherheit ungewollte Patenthalsen. Zuletzt muss beim Spinnaker der Spibaum auf die andere Seite. Der ist an einen Ende am Mast an einem sog. Spibaum-Lift fest, eine 4 m lange Schiene auf der Vorderseite des Mastes. Ich muss den Baum also nur mit dem anderen Ende von einer Seite zur anderen schwenken, vorher die eine Spischot ausklinken und die auf der anderen Seite wieder einklinken. Es klappt alles, während das Boot unter Autopilot fährt und Kurs hält. Keine halbe Stunde danach kurz nach 13 Uhr muss der Spi runter. Der Wind springt um, kommt entgegen dem Wetterbericht auf einmal von vorn. Das bleibt so den ganzen Nachmittag dabei auch stundenweise Flaute. Es geht so mit Kreuzkurs vorbei an Stockmarknes bis vor Melbu auf der Vesterålen-Insel Hadseløy. Um 21 Uhr bei Flaute angeln wir. Dann kommt für gut zwei Stunden lebhafter Ostwind. Das Umspringen des Windes im Verlauf des Tages ist die sog. Solgangsbris, in der Ostsee Seewind-Effekt genannt. Durch die Sonneneinstrahlung mit Erwärmung des Landes, weht der Wind dann landeinwärts, abends durch die Abkühlung umgekehrt. Heute ist der letzte Tag, wo wir hier noch Mitternachts-Sonne haben sollen. Bisher war sie immer hinter irgend welchen Bergen versteckt. Heute schiebt sich eine flache Wolkenwand davor. Genau um 24 Uhr, allerdings nach Sommerzeit noch eine Stunde zu früh, kann ich ein Foto mit einem roten Schein durch die Wolken machen. Wir sind jetzt am Eingang zum Gimsøy-Straumen und fahren unter Motor. Nach meiner Rechnung sollten wir den Gezeitenstrom zusammen mit Niedrigwasser in die richtige Richtung haben. Tatsächlich sind es maximal nur um 1 kn, die uns schieben. Um 2 Uhr passieren wir die Brücke zwischen Austvagøy und Gimsøy. Ich lege mich schlafen, Heidi übernimmt die Wache. Nach eine Stunde muss ich raus, Segel setzen, noch eine Stunde später halsen. Um 6 Uhr liegt Stamsund achter aus. Wir segeln jetzt südlich der Lofotkette nach SW. Es ist ein ständiger Wechsel zwischen Segeln und Motorfahrt wegen Flaute. Nur aus den Einschnitten zwischen den Bergen kommt der Wind, heute erträglich in der Stärke. Trotzdem hat der Windmesser bis 20 kn registriert. In anderen Jahren war es manchmal sehr heftig. Kurz nach 12 Uhr erreichen wir Sørvågen auf Moskenesøy. Am Schwimmsteg ist genau für unsere Bootslänge Platz. Nach dem Anlegen sehen wir, er ist reserviert für ein Fischerboot. Wir können schließlich noch umlegen ans Ende des Schwimmstegs, nachdem ein Motorboot weggefahren ist. Hier in Sørvågen sind wir 2006 nach 280 sm nonstop in drei Nächten gelandet, sind ab Uthaug in Höhe Trondheim auf offener See mit direktem Kurs gesegelt. Damals haben wir im hiesigen Telemuseum den Leiter Kjell Alf kennen gelernt und ihn in anderen Jahren wiederholt besucht. Auch heute ist unser erster Weg gleich zum Museum. Wir treffen ihn an. Er ist jetzt 62 Jahre alt, muss noch 5 Jahre arbeiten. Das Museumsgebäude war früher die Telefonzentrale und Wohnhaus der Eltern von Kjell. Ab 1862 gab es bis Sørvågen eine Telegrafenverbindung vom Festland. Vaerøy und Røst wurden 1906 drahtlos per Funk erreicht. 1908 erfolgte die erste Seefunkverbindung mit der „Hohenzollern“, dem Schiff des deutschen Kaisers Wilhelm II. In den Ausstellungsräumen wird die weitere Entwicklung des Fernmeldewesens gezeigt. Neben dem Museum ist ein „ Joker“-Laden zum Einkaufen. Danach hat Kjell Feierabend. Wir trinken mit ihm im nahen Restaurant einen Kaffee.

So. 22. Juli Sørvågen – Bodø über den Vestfjord 50 sm

Es ist nur schwacher Wind 0 bis 2 Bft aus Süd bis West angesagt. Wir legen um 5 Uhr früh ab. Frühstück gibt es unterwegs. Tatsächlich ist der Wind sehr variabel. Letztlich kommen wir auf 19 sm ruhiges Segeln, der Rest 31 sm Motor. Südlich von Landegode angeln wir eine Stunde. Zweimal reißen die Fische ab, bevor ich sie im Boot habe. Ein Dorsch und ein Leng sind unsere Ausbeute. Um 20 Uhr erreichen wir in Bodø. Zuerst fahren wir auf die Innenseite des langen Schwimmstegs mit der Aufschrift „Gjestebrygge“. Auf dem aushängenden Hafenplan sehen wir, dass nur die dem Schwell ausgesetzte Außenseite für Gastboote vorgesehen ist. Es gibt noch drei kürzere Schwimmstege für Gäste. Wir fahren hin. Anscheinend ist alles belegt. Nur ganz vorn links könnte noch für uns Platz sein. Dann liegt dort aber ein kleines Motorboot. Wir wollen schon umkehren, als der Segler vom davor liegenden Boot uns winkt. Er zieht das Motorboot etwas zurück, und es reicht genau für unsere 9 m. Den Liegeplatz für 24 Stunden, für 30 Fuß 250,- Kronen, bezahlt man ebenso wie Strom, Duschen und Waschmaschine mit Kreditkarte an Automaten. Ausgedruckt wird auch das Passwort für WLAN und der Türcode. Wir haben noch unverbrauchten Strom von einem Vorgänger. Abends fülle ich noch 20 Liter Diesel aus dem Reservekanister nach. Der vordere Tank mit noch altem Diesel aus Deutschland ist fast leer, im hinteren ist nur frischer.

Mo. 23 Juli Hafentag in Bodø

Nachts und morgens regnet es. Der Wetterbericht besagt 4-5 Bft aus SW, das wäre für uns gegen an. Gleich uns gegenüber gibt es frische Reker vom Kutter. Wir haben noch ein Problem zu lösen. Heidi hat sich im Krankenhaus in Hårstad die Röntgen-CD geben lassen, nachdem wir die Konsultation schon bezahlt hatten. Wir haben die Rechnung von 85,- Kronen übersehen, die bis zum 01.08.2018 per Überweisung beglichen werden soll. Von einer Bank am Hafen werden wir zum Postamt nahe der Domkirche geschickt. Zu der Bareinzahlung sind zusätzlich noch 100,- Kronen dazu zu legen. Ich wandere 2 km zum Flugzeugmuseum. Ich verbringe dort den ganzen Nachmittag. Angefangen von den ersten Flugzeugen aus der Zeit des ersten Weltkrieges über die 1920er und 30iger Jahre, den 2. Weltkrieg bis in die Zeit des kalten Krieges sind sowohl Original-Flugzeuge als auch Dokumentationen und Filme zu sehen. Die Zivil-Flugzeuge sind in der einen Halle, die Militärmaschinen in der anderen. An Bord schreibt Heidi inzwischen wie auch von den anderen Orten Ansichtskarten an unsere umfangreiche Verwandtschaft und Bekanntschaft. Ich schreibe abends am Bericht.

Di. 24. Juli Bodø – Støtt 34 sm

Ich gehe nach dem Frühstück noch Einkaufen. Mir steckt der gestrige Museumsbesuch noch in den alten Knochen. So wird es erst fast 11 Uhr, bis wir ablegen. Der Wind hat passend auf SE gedreht, leider nicht lange genug. Mit SW-Wind können wir den Kurs nicht halten. Schließlich müssen wir kreuzen. Bald frischt es bei einem Regenschauer auf bis 18 kn. Es ist zu viel für die Genua und auch zu spät. Die letzten 5 sm bis Støtt fahren wir mit dem Motor. Es ist nach 20 Uhr. Der neuere Schwimmsteg innen vor dem Restaurant ist auf der tiefen Seite komplett mit Motorbooten belegt, der andere Weg um einen Felsen ist mir zu flach. An dem alten Steg liegen schon fünf Segelboote, davon 2 mal 2 im Päckchen. Was sagt das Sprichwort: Wer zuletzt kommt, den beißen die Hunde. Ganz vorn neben der Leiter und der Dieselzapfsäule passen wir mal wieder Zentimeter genau in die Lücke, vor uns an der hohen Pier ein Fischkutter. Das Restaurant hat bis 23 Uhr offen. Wir bezahlen die Liegegebühr und Dusche für morgen früh.

Mi. 25. und Do. 26. Juli Støtt – Brønnøysund 113 sm

Am Vormittag auf Støtt gehen wir in die Butik, dem früheren Landhandel. Wir haben am Abend schon erfahren, dass der alte Inhaber Karl Sörensen mit 90 Jahren verstorben ist. Vor zwei Jahren hat er den Laden noch geführt. Jetzt macht sein Sohn Sven weiter. Wir erfahren von ihm näheres. Die Schwester führt das Restaurant. Der Vater starb im Januar. Dessen Schwester kannten wir auch. Sie ist jetzt in einem Pflegeheim. Ab Mittag bessert sich das Wetter. Die anderen Boote verschwinden nach und nach. Wir sind gegen 15 Uhr mal wieder die letzten. Bei schwachem westlichen Wind ziehen wir die Segel. Nach 3 sm ist Flaute, Gelegenheit zum Angeln. Wir sind zunächst am falschen Platz. Erst an einer Stelle mit Unterwasser-Hügeln beißen zwei Köhler. Es kommt wieder Segelwind. Zwar von vorn aus SW, doch kurz entschlossen lassen wir den Hafen von Bolga achteraus. Mit Kreuzkurs geht es südwärts, um 22 Uhr vorbei an Rodøya, dem „Roten Löwen“, der sein Haupt in Wolken verhüllt. Kurz nach Mitternacht queren wir den wahren Polarkreis, 44“ nördlicher als die meist genannten 66°33'N. Erst 2 Stunden später passieren wir den Globus auf Vikingen. Auch der Hestmannen ist oben von einer Wolke eingehüllt. Im Norden ist der Himmel rosa. Jetzt werden die Nächte auf dem Weg nach Süden schnell länger. Am Vormittag kommt Sonne. Es geht weiter immer noch Kreuzkurs, dazwischen auch kürzere Flauten. Bei Motorfahrt fällt mir auf, dass aus dem Auspuff neben Kühlwasser auch eine kleine weiße Dampfwolke kommt, ein Zeichen für unzureichende Kühlung. Bei der Weiterfahrt unter Segel schraube ich den Deckel der Impellerpumpe auf. Dazu muss ich im Kühlwasserfilter beide Löcher mit Holzpfropfen verschließen, damit kein Seewasser nachläuft. Der Impeller ist in Ordnung. Noch in Rostock tropfte die Pumpe. Die Papierdichtung war kaputt. Statt Ersatz zu suchen, habe ich auf das Abdeckblech Gewebe-Tape geklebt und zugeschraubt. Inzwischen hat der Impeller einen Teil des Tapes abgerieben. Den inneren Teil entferne ich ganz. Die Folge ist: es kommt fast gar kein Kühlwasser mehr. Ich muss jetzt doch nach Ersatz suchen. Dem noch unbenutzten Impeller liegt eine neue Papierdichtung bei. Nach der Montage ist das Dampfwölkchen verschwunden. Nach dem Kauf des Bootes vor 20 Jahren hatte ich mit einem Repairset alle Verschleißteile der Kühlwasserpumpe ausgetauscht, Simmerringe, Welle und Messingplatten. Letztere sind inzwischen wieder eingeschliffen, also Zeit für einen baldigen Ersatz. Am Nachmittag dreht der Wind auf NE, das Kreuzen hat ein Ende. Wir segeln auch an Sandnesjøen vorbei. Die Bergkette der Sieben Schwestern präsentieren sich im Sonnenschein. Um 18 Uhr passieren wir Alstahaug. Wir wollen noch bis Brønnøysund. Gegen 23 Uhr ist Totalflaute, noch 5 sm per Motor. Ein norwegisches Segelboot überholt uns zunächst, stoppt dann, um Fotos des rot leuchtenden Abendhimmels zu machen. In Brønnøysund sind an der Außenseite des Gäste-Schwimmstegs noch genau zwei freie Plätze. Heidi geht zu dem Norweger. Der will noch zusammen mit seinem Freund im September mit dem Boot nach Spitzbergen segeln. Wir hören im Wetterbericht immer wieder von schlechtem Wetter dort. Kurz danach kommt das Hurtigrutenschiff von Süden. Das Wendemanöver macht es neben uns und anders herum, als ich es früher von der gegenüber liegenden Insel Buholmen beobachtet habe. Am nächsten Tag erfahren wir den Grund: es hat eine Kollision mit dem Gästeschwimmsteg gegeben.

Fr. 27. und Sa. 28. Juli Brønnøysund - Sætervika 84 sm

Wir haben Gründe für einen kurzen Aufenthalt in Brønnøysund, die in früheren Berichten detaillierter beschrieben sind. 2009 lernten wir den Deutschen „Hörby“ kennen, der visavi auf der Insel Buholmen wohnte. Er ist 2013 verstorben. Inzwischen kennen wir auch seinen norwegischen Schwager Steinar Bastesen, der als ehemaliger Parlamentsabgeordneter vielen Norwegern bekannt ist. Wir haben ihn vor zwei Jahren besucht. In diesem Jahr erfuhren wir in Midsund, er soll schwer krank sein. Unser erster Weg führt uns ins Büro der Kirchengemeinde. Dort ist aber nicht wie erhofft unsere Bekannte Anne-Elise sondern eine Urlaubsvertretung. Diese verbindet uns telefonisch mit Anne-Elise. Sie wohnt 4 km entfernt, zu Fuß zu weit für uns. Im selben Moment kommt ein junger Mann ins Büro. Es ist der Sohn Hans von unserer Bekannten. Heidi nutzt die Gelegenheit und fragt, ob er uns im Auto mit nimmt. Ja das geht, nur wollen wir vorher noch Steinar aufsuchen. Das Haus ist jedoch verschlossen. Dann geht es in einen Vorort. Anne-Elise erwartet uns schon vom Balkon ihrer Wohnung. Heidi dominiert die lebhafte Unterhaltung bei Kaffee und Eis. Wir erfahren, die Großeltern von Anne-Elise und Steinar waren Geschwister. Hans telefoniert mit Steinar. Der ist in Tromsø, wo er an der Herzklappe operiert wurde. Zum Abschluss des Besuchs erhält Heidi als großen Freundschaftsbeweis eine Kette, einen Ring und Ohrhänger geschenkt, Modeschmuck, gekauft auf einer Fahrt mit der Hurtigrute. Zurück an Bord revanchieren wir uns bei Hans mit zwei Flaschen deutschen Biers, die wir für solche Gelegenheiten von Rostock mit genommen haben.

Es ist 15 Uhr, als wir in Brønnøysund ablegen. Das Thermometer an Bord zeigt 32°C. Nach 2 sm hinter der Brückendurchfahrt setzen wir bei leichtem Wind aus NW die Segel. Nach kurzer Flaute setze ich um 22 Uhr den Blister. Keine Stunde später springt der Wind auf SE und frischt auf. Ich reiße vorn den Klappschäkel am Hals des Blisters auf, und der fliegt nach hinten. An der Schot ziehe ich ihn ins Cockpit, während Heidi das Fall fiert. Einen Bergeschlauch benutzen wir weder für den Spi noch für den Blister. Im Nu haben wir 25 kn Wind aus SE. Bald ist auch das volle Groß zu viel. Ich setze nur die Fock1. Den aktuellen Wetterbericht bekommen wir jetzt jederzeit per Smartphone genau für unseren Standort oder für andere eingegebene Orte mit der App „YR“. Auf dem PC habe ich schon lange für Norwegen „YR.no“ genutzt. Dort gibt es auch Wetterkarten ähnlich wie zyGRIB, aber nur online. Für morgen ist bei Sonne Wind aus SE bis maximal 17 kn angesagt. Damit sollten wir schnell über die Folla kommen, bevor es am Wochenende wieder wechselhaft wird. Also geht es spät abends an Leka vorbei. Vor uns geht über den Bergen der Mond auf. Gestern hatten wir Vollmond, heute ist es ein Viertel-Mond. Heidi sagt sofort, wir haben Mondfinsternis und wussten nichts davon. Genau in der entgegengesetzten Richtung war kurz vorher die Sonne untergegangen. Das hatten wir schon einmal. 2015 sind wir an einem schönen Wochenende Ende September von Freitag bis Montag nonstop von Rostock nach Sassnitz gesegelt und ebenso zurück. Auch damals wussten wir nichts von dem bevorstehendem Ereignis. Auf der Rückfahrt hatten wir eine sternklare Nacht. Irgendwann sehe ich, dem Mond fehlt unten ein Stück, das immer größer wird. Jetzt haben wir hier allerdings noch „Weiße Nächte“. Heute um Mitternacht quer ab von Leka setze ich wieder das Groß. Dabei rauschen wir bei 20 kn Wind raumschots über das glatte Wasser. Dann wird es Richtung Rørvik immer mehr. Ich ziehe ein Reff nach dem anderen ein. Es ist eine Kombination der Umkehr des Seewind-Effektes durch die nächtliche Abkühlung an Land und Düseneffekt aus den Tälern zwischen den Bergen, der zu dieser lokalen Abweichung vom angesagten Wetterbericht führt. Der Windmesser hat einen Spitzenwert von 36 kn registriert, das Log eine Fahrt von über 7 kn. Um 3:30 Uhr liegt Rørvik achteraus. Angenehm mit 10 bis 15 kn Wind geht es Richtung Folla. Ich kann ausreffen. Um 4:15 Uhr geht die Sonne auf. Schiffsbegegnungen verlaufen dank unseres AIS problemlos. Auf der offenen Folla nimmt der Wind wieder bis um 25 kn zu, also einreffen. Vor der Buholmrasa ist auf einmal Flaute. Das veranlasst mich, leichtsinnig auszureffen. Den gestarteten Motor kann ich nach wenigen Minuten wieder stoppen. Dann geht es zur Sache. Im Nu haben wir über 30 kn Wind. Wegen Kursänderung kommt der jetzt von vorn. Wir starten den Motor, Heidi steuert, ich berge Groß und Fock. Es sind noch 4 sm bis Sætervika, für die wir mit reichlich Gas 1 Stunde brauchen. In dem geschützten Hafen ist es ein wenig ruhiger. Am Schwimmsteg ist Gott sei Dank außen noch Platz für uns. Bei Wind etwas schräg ablandig und dank der Hilfe eines Norwegers von einem Motorboot klappt das Anlegen wie geschmiert. Wir können aufatmen. Es ist 12 Uhr mittags. Ich verhole das Boot noch etwas per Hand. Die passende Lücke wird später von einem Motorboot genutzt. Die Liegegebühr, Duschen und Waschmaschine bezahlen wir im Restaurant und erfahren auch das Passwort fürs WLAN. Es gibt zwei Preise: „unter 30 Fuß“ und „über 30 Fuß“. Unsere Libra ist mit 9,10 m um knapp 10 cm kürzer als 30 Fuß, also bezahlen wir 160,- Kronen. Dafür leisten wir uns zwei Flaschen gekühltes alkoholfreies Bier. Die pralle Sonne ist kaum zu ertragen. Es sind über 30°C. Beim Wäsche waschen unterläuft mir ein kleiner Fehler. Ich drücke eine Zusatz-Taste, die ich für höheren Wasserstand halte. Sie erweist sich dann aber als Spülstopp. Also muss nachträglich geschleudert werden. Heidi hängt trotz „Sterk Kuling“ bis „Liten Storm“ die nassen Sachen in den Wind. Bei gemessenen Böen bis 48 kn und Sonne sind sie in einer halben Stunde trocken. An Land sind etliche Rorbuer, Unterkünfte für Angler, im Hafen offene Alu-Motorboote. Heidi sieht ein Auto aus Ahlbeck und fragt die Deutschen, ob es in der Ostsee keinen Fisch gibt. Die fragen, ob wir auch angeln. Ja, sagt Heidi, wir haben noch Fischsuppe. Sie macht die Suppe heiß und bringt ihnen eine Schüssel voll. Dafür erntet sie viel Lob.

So. 29. Juli Hafentag in Sætervika

Am Vormittag nimmt der Wind ab. Es ist bewölkt. Nachmittags regnet es zeitweise. Wir nutzen das Internet, und ich schreibe am Bericht. Wir waschen noch zwei mal Wäsche. Heidi lässt sich von einem der Deutschen zum Landhandel mit Café fahren. Die legen anschließend zum erfolgreichen Angeln ab. Abends besichtigen sie unser Boot.

Mo. 30. und Di. 31. Juli Sætervika – Bessaker – Straumen/Smøla 57 sm

Der Wetterbericht von YR per Smartphone besagt sonniges Wetter, Wind aus Ost unter 20 kn, beim DWD heißt es für 6:00 UTC E 4-5, für 12:00 SE 3-4 Bft im Seegebiet Haltenbank. Wir stehen früh auf, legen kurz nach 8 Uhr ab. Gleich hinter der Mole ist frischer Wind. Ich ziehe gleich 2 Reffs ein und nehme die Fock 1. Dann wird es verrückt. Von Land kommt ein rasch zunehmender Wind über 30 kn, spitz von vorn für unseren Kurs. Eine Böe drückt das Boot bis über die Scheuerleiste auf die Seite. Der Windmesser hat bis 43 kn registriert. Das ist zu viel. Ich berge die Segel. Wir nehmen einen Weg zwischen den Inseln. Der Wind wird nicht weniger. Unter Motor erreichen wir nach 11 sm Bessaker. Bei ablandigen Wind können wir am Steg der Tankstelle anlegen. Es ist äußerst eng, weil ein schwedisches Segelboot schon dort liegt. Ich gehe hoch zum Laden. Wir können Diesel tanken, hinterher bezahlen. Auf der Rechnung stehen 60 Liter für 700 Kronen. Dann legen wir um. Es gibt einen neuen langen Schwimmsteg, allerdings ohne Strom und Wasser. Dort warten wir bis 16:30 Uhr. Das Thermometer zeigt über 30°C. Langsam wird das Pfeifen des Windes weniger. Beim Ablegen haben wir noch knapp 10 kn Wind, 2 Stunden später ist Flaute. Der Abend, die Nacht und der nächste Tag ist ein permanenter Wechsel zwischen Flaute und leichtem Wind aus allen möglichen Richtungen. Wir umfahren nordwestlich die großen Inseln Stokkøy und Vågsøy. Um 4 Uhr früh passieren wir den Leuchtturm Kjeungskjær, dann geht es weiter die lange Trondheimsleia. Nachmittags kommen vier Marine-Schiffe entgegen, drei mit AIS. Ich lese auf dem PC-Bildschirm: „NATO-Warship“ und Lettland, Litauen und Belgien als Nationalität. Als sie querab sind, fahren sie in Kiellinie, später wieder weiter auseinander. Als sie vorbei sind, kommt mir die Erkenntnis, ich hätte mit Dippen der National-Flagge grüßen sollen. Der Abstand war jedoch so groß, dass ich nicht weiß, ob man meine kleine Flagge gesehen hätte. Zu dem Thema noch eine Information: Segelfreunde schrieben uns, ein Schweizer Segler nannte jetzt die die deutsche Flagge „Mutti“. Zur Erklärung: in der BRD war es üblich „Adenauer“ zu sagen, und jetzt haben wir eine Bundeskanzlerin. Nach einer vorher auf dem PC erstellten Route fahren wir Slalom um etliche Inseln zu dem Hafen Straumen südlich von Smøla. Gegen 18 Uhr haben wir angelegt, kurz vor uns ein dänischer Segler mit einem Spitzgatter aus den 1960iger Jahren. Heimathafen ist Skovshoved bei Kopenhagen. Es haben sich drohende Regenwolken zusammengezogen. Spät abends gießt es wolkenbruchartig. Dieser freundliche Hafen ist für uns eine positive Überraschung. Kaufladen und gepflegte Sanitäreinrichtungen sind direkt am Hafen. Die Liegegebühr beträgt nur 100,- Kronen, Dusche für 10 Kronen 5 Minuten, Waschmaschine 30,- Kronen. Im Havneguiden 4 steht über den Ort: mit „hyggelige folk“, d. h. nette Leute.

Mi. 01. und Do. 02. August Straumen – Ålesund 57 sm

Es sind nicht nur Heidis Schulterbeschwerden, die uns zu zügiger Rückfahrt veranlassen. Unser Sohn Martin, chwiegertochter Trixi und Enkelsohn Yaron sind mit der „AIDAsol“ auf Kreuzfahrt in Norwegen. Dies war unser Geschenk zur Silberhochzeit im Mai. Nach dem Geiranger Fjord stehen Molde, Trondheim und Ålesund auf dem Programm. Unter Berücksichtigung der wechselhafteren Wetterlage und unserer langsamen Geschwindigkeit bleibt nur die zuletzt genannte Jugendstil-Stadt für ein Treffen. In Straumen legen wir um 13 Uhr ab. Der Weg führt für uns neben der vorgelagerten Insel Edøy durch eine 16 m hohe Brücke in Richtung Kristiansund. Um 17 Uhr liegt die Stadt querab. Bei leichtem achterlichen Wind geht es in die Hustadvika. An einer engeren Stelle kommt ein Frachter von hinten. Er ruft uns per Funk. Ich segle genau in der Mitte. Wir einigen uns, ich halte Kurs, er überholt rechts. Mit unserem AIS-Transponder habe ich das Gefühl, wir werden von der Schifffahrt mehr respektiert als früher. Die Darstellung der anderen Schiffe direkt in der elektronischen Seekarte ist wesentlich informativer als bei unserem alten NASA-AIS-Empfänger. Dennoch war auch der schon ein wesentlicher Sicherheitsgewinn. Ab 20 Uhr ist für 2 Stunden Flaute. Zum Dunkelwerden kommt Wind auf. Kurz entschlossen segeln wir wieder, nehmen aber nicht den kürzeren inneren Weg, sondern umfahren wie die großen Schiffe im Bogen die vielen kleinen Inseln. Auf dieser Strecke übernimmt Heidi die Wache. Die Nacht dauert jetzt schon 4,5 Stunden und ist bei Bewölkung auch dunkler als noch vor einer Woche. Im Harøyfjord ist ab 9 Uhr Flaute. Angeln bleibt erfolglos, obwohl ich es an mehreren Stellen versuche. Um 11 Uhr steuern wir das Lepsøya Rev an. Die Rinne zwischen den Pfeilern ist auf 11 m Tiefe ausgebaggert. Wir fahren daneben innerhalb der grünen Tonnen bei minimal 5 m Wassertiefe. Vor Ålesund nehmen wir eine Abkürzung vorbei an mehreren kleinen Inseln. Im Hafen liegen schon etliche Boote im Päckchen. Wir fahren bis ganz hinten. Dort sehen wir ein langes deutsches Segelboot neben einem Norweger. Wir fragen an, sollen aber noch warten. Das innen liegende Boot will raus. Dann erst sehe ich, am Schwimmsteg liegt ein Motorboot. Trotzdem legen wir um 13:30 Uhr als dritter an. Das Absteigen geht nur achtern über die Badeplattform des Motorbootes. Die Hafengebühr soll per Smartphone-App bezahlt werden. Heidi geht nachmittags noch in die Stadt, u. a. zur Touristinformation. Dort heißt es, abends und morgens kommt ein Hafenmeister zum Kassieren. Sie bringt frische Shrimps und Erdbeeren mit. Unterwegs zeigten sich wieder Lichtmaschinenprobleme: die Ladekontrolllampe brennt bei „Power On“ nicht. Nach kurzer hoher Drehzahl wird dann infolge Restmagnetismus des Rotors normal geladen. Hier im Hafen messe ich, am Anschluss D+ bzw. 61 kommt keine Spannung über die Ladekontrolllampe. Beim Wackeln an der Verdrahtung hinter dem Motorpaneel geht die Lampe an und aus. Das Nachbiegen eines Kontaktes für den braunen Draht am mehrpoligen Trenn-Stecker behebt in wenigen Minuten das Problem. Schon vor einigen Jahren gab es einen unklaren Wackelkontakt am schwer zugänglichen Motorpaneel. Am Freitag im Hafen befasse ich mich noch einmal mit dem Problem. Bei der in Inndyr ausgebauten Lichtmaschine mit 120 A ist eine Diode an Anschluss für die Ladekontrolllampe durchgebrannt, weshalb ist mir unklar. An Bord müsste Ersatz sein, finde ich aber nicht gleich. Warum die Original-Lichtmaschine nicht ging, ist auch geklärt. Sie hat einen isolierten Anschluss B-, der mit dem Motorblock zu verbinden ist.

Fr. 03. bis So. 05. August Hafentage in Ålesund

Früh morgens geht Heidi zum Service-Gebäude mit den Toiletten unter einem Kiosk an der nahen Brücke. Hier muss man jedes mal eine 10- Kronen-Münze einwerfen, um die Tür zu öffnen. Sie findet auch saubere Duschen vor und eine Waschmaschine mit Trockner. Für die Dusche braucht man noch einmal 10 Kronen für 6 Minuten, die Waschmaschine ist gratis. Anschließend gehe ich hin, will gleich duschen. Bei mir bleibt die Tür auch nach 2 mal 10 Kronen geschlossen. Heidi kommt noch einmal mit. Die Tür bleibt auch bei der dritten Münze zu. „Das kläre ich!“, sagt sie wütend und verschwindet. Ich warte, gehe schließlich zurück zum Boot. Ich frühstücke schon, als sie zurück kommt. „Alles klar“, sagt sie. Vom Kiosk wurde sie zum nahen Rathaus geschickt. Von dort wurde ein Monteur bestellt. Heidi ging zurück zur verschlossenen Tür. Ein asiatisch aussehendes Paar kommt: „Oh eine Toilette“, 10 Kronen, die Tür geht auf. Der Mechaniker kommt, repariert, gibt Heidi 40 Kronen zurück. Bis zum Abend funktioniert die Tür. Nur die Waschmaschine schleudert schlecht. Den Trockner muss ich zwei mal starten. Wir haben noch keine Hafengebühr bezahlt. Die Nachbarn nutzen das Smartphone. Nach längerem Zögern entschließe ich mich, die App zu installieren, aktiviere vorher per SMS das mit Code geschützte WLAN. Ich bin noch beschäftigt, da klopft es. Zwei junge Männer wollen kassieren. Wir bezahlen für 2 Tage akzeptable 350,- Kronen. Als ich uns dann doch mit der GoMarina-App registrieren will, scheitere ich daran, dass ich kein Foto des Bootes auf dem Smartphone habe. Die ganze Prozedur ist ein Hin und Her mit E-Mail oder Handy-Nr., Passwort, Registrierungs-Code, Daten zur Person und zum Boot, Foto und schließlich Kreditkarten-Nummer. Doch soweit komme ich vorerst nicht mehr. Wir sehen, die Boote hinter uns sind weggefahren. Wir legen beide Segelboote um, können somit besser absteigen. Unsere Nachbarn fliegen heute nach Hause. Dafür kommt zunächst der Sohn des Eigners. Er muss eine neue 24V-Lichtmaschine einbauen. Während ich am Boot arbeite, kauft Heidi ein und erfährt, dass morgen die AIDAsol hier beim Zentrum anlegt. Gestern musste die AIDAbella eine Pier weiter außerhalb nehmen. Nachmittags kommt Max vom Nachbarboot an. Abends ist er bei uns zu Gast. Er ist bei seinen Großeltern und Eltern mit Segelbooten aufgewachsen. Jetzt ist er 26 Jahre alt und studiert Elektronik. Zu Hause in Winsen bei Geesthacht segelt er auf der Elbe eine 7 m lange „Banner 23“, leicht und schnell, ähnlich einer X79. Das Boot der Eltern hier ist ein schlankes 49 Fuß langes Schiff, entworfen von Jac de Ridder, gebaut in Holland bei Vels & Partner Mitte der 1990iger Jahre. Unsere Etap 30 und einige weitere Etaps haben den gleichen Konstrukteur.

Sonnabend früh 8 Uhr sehen wir von unserem Boot, wie die AIDAsol ein läuft. Eine halbe Stunde später gehen unser Sohn Martin mit Trixi und Yaron von Bord. Den ganzen Vormittag wandern wir durch die Innenstadt von Ålesund. Leider regnet es zeitweise. Um 13 Uhr verlässt die AIDAsol den Hafen in die gleiche Richtung, die auch wir zu segeln haben, nur werden wir viel langsamer sein. Heidi macht Mittag an Bord. Das Wetter ist nicht recht zum Weiterfahren und für die Rundung von Stadlandet ist kein passendes Wetter in Sicht. Wir nutzen noch einmal die Duschen. Abends sind wir nebenan eingeladen. Das Innere der „Fine Fleur“ ist etwas ungewöhnlich: viel Platz und viel weiß. Die Erst-Eigner, ein Rentner-Ehepaar, haben das Boot nach individuellen Wünschen für den Aufenthalt in der Karibik bauen lassen. In dem großen Salon sind ein quadratischer Tisch, U-Sofa, gegenüber Längssofa, Eignerkabine vorn, hinten eine kleinere Achterkabine, alle Fenster zu öffnen, überdimensionale Tankkapazitäten. Die Einbauten als Sandwich-Laminat sind Bestandteil des Karbon-verstärkten Rumpfes. Die Segelfläche ist 100 qm, Tiefgang 2,60 m. Nach einem Schadensfall wurde das Boot per Frachter zur Reparatur nach Europa zurücktransportiert. Dann hat es 7 Jahre zum Verkauf an Land gestanden. Nach günstigem Kauf waren von den jetzigen Besitzern umfangreiche Überholungsarbeiten erforderlich.

Am Sonntag ist es weiter regnerisch und windig bei 13°C. Ich übertrage ein Foto der Libra auf das Smartphone und setze die Registrierung für die GoMarina-App fort. Als ich dann bezahlen will, wird „Bezahlen“ angezeigt, es kommt jedoch keine Bestätigung, dasselbe nach Neu-Eingabe der Kreditkartendaten. Zufällig tippe ich dann noch auf die Zeile der angezeigten VISA-Karte, und erst dann erfolgt die Abbuchung. Es wird ein Beleg mit Bootsname, Datum, Uhrzeit und Preis entsprechend der Bootsgröße angezeigt, den man auch an seine eigene E-Mail schicken kann. Ich mache eine weitere Wartungsarbeit: unser elektrischer Heizlüfter macht kreischende Geräusche. Das Ölen der Motorlager behebt das schon früher aufgetretene Problem.

Mo. 06. August Ålesund – Kap Stadlandet - Silda 47 sm, nur 9 sm gesegelt

Der Wetterbericht zeigt für Montag ein kurzes Fenster mit abnehmendem von SW vorübergehend auf SE drehendem Wind und abnehmender Schauerneigung, abends wieder zunehmend und Regen. Wir stellen den Wecker und legen früh um 5 Uhr mit Sonnenaufgang ab. Da wir von Ålesund starten, müssen wir einen Schnitt von 4 kn halten. Kreuzen können wir uns nicht erlauben. Wir fahren den kürzesten Weg durch die beiden 17 m und 20 m hohen Brücken vorbei an Fosnavåg. Zwei Segelversuche gebe ich nach kurzer Zeit auf. Erst danach haben wir für ca. 2 Stunden ausreichend starken südlichen Wind. Danach ist er zu schwach. Zwischen 13 und 14 Uhr umfahren wir das Kap Stadlandet. Trotz des schwachen Windes schaukelt das Boot in der konfusen Dünung. Diese nimmt bei südlichem Kurs Richtung Silda bald ab. Es ist kaum noch Wind. Um 17 Uhr legen wir an. Vor uns hat hat eine große schwedische Southely 49 angelegt. Nach uns kommen noch etliche weitere Boote. Einige andere, die uns mit über 6 kn überholt haben, sind weiter gefahren. Abends und bis zum nächsten Morgen regnet es wiederholt.

Di. 07. August Silda – Svelgen im Fjord Nordgulen 30 sm

Gegen Mittag scheint der Regen aufzuhören. Wir legen ab, Ziel Kalvåg. Den Ulvesundet bis Måløy fahren wir mit Motor. Danach können wir segeln. Nach Rundung der Hornelen-Klippe müssen wir kreuzen. Zunächst habe ich vorsorglich zwei Reffs eingezogen. Dann kann ich aber sogar mit Genua segeln, und aus einer Abdeckung kommen wir nur mit Motor. Es ist schon 17:30 Uhr, als am Ausgang des Frøysjøen eine Regenfront mit bis zu 35 kn Wind kommt. Das ist zu viel für die Segel. Ich berge sie, starte den Motor. Mühsam kommen wir gegen den Wind vorwärts. Im Havneguiden finden wir am Ende des Seitenfjordes Nordgulen den Hafen Svelgen. Im Fjord wird es ruhiger. Insgesamt fahren wir noch 8 sm. Es gibt einen neuen kommunalen Betonschwimmsteg mit Strom und Wasser, keine Liegegebühr. Toiletten sind gegenüber im Hotel, dahinter ein Coop-Supermarkt. In der Touristinformation erfährt Heidi das Passwort fürs Gäste-Internet, nur haben wir am Steg keine sichere Verbindung. Der Ort wird dominiert von einer großen Fabrik zur Zink-Gewinnung.

Mi. 08. bis Fr. 10. August Hafentage in Svelgen

Die GRIB-Daten zeigen für die nächsten Tage wiederholt Regen und Wind von vorn. Wann wir weiter können, ist vorerst nicht abzusehen. Der Mittwoch ist total verregnet. Heidi macht Einkäufe, geht zur Touristinformation und ins Lege-Centrum, zu deutsch Poliklinik. Überall fragt sie, ob man hier duschen kann. Theoretisch könnte man ein Hotelzimmer für 900,- Kronen mieten und dort auch schlafen. An der Rezeption wechseln sich Wladimir, ein Russe aus Lettland, und Pat, eine junge Frau aus Thailand, ab. Am Donnerstag hört nachmittags der Regen auf. Es gibt sogar etwas Sonne. Wir machen einen Rundgang durch den Ort. Den hier wohnenden Menschen bietet die Fabrik anscheinend gute Verdienstmöglichkeiten. Aus höher gelegenen Binnenseen gibt es zwei Flussmündungen, auch einen Wasserfall. Auf dem gepflegten Sportplatz versammeln sich Kinder und Jugendliche, dazu junge dunkelhäutige Frauen aus Eritrea, wohl die Mütter einiger Kinder. Hier gibt es ein Heim für ausländische Flüchtlinge mit intensiver Betreuung. Am Freitag regnet es den ganzen Tag. Wir waschen uns im Cockpit mit einem Eimer voll kaltem Wasser von oben bis unten. Heidi nutzt eine kleine elektrische Tauchpumpe als Dusche, nur ist der Duschkopf abgebrochen. Ich bearbeite am Computer Fotos. Heidi geht noch einmal ins Hotel-Café und informiert sich in der Touristinformation über den Ort.

Sa. 11. bis Mo. 13. August Svelgen – Skudeneshavn auf Karmøy 191 sm

Am Sonnabend Vormittag hört der Regen auf. Um 12:30 Uhr legen wir ab. Eine Stunde brauchen wir den Motor für die 4 sm bis zum Ausgang des Fjords. Dann kreuzen wir, bis um 15 Uhr der Frøysjøen hinter uns liegt. Es geht weiter Richtung Florø, dort vorbei durch eine bekannte enge Durchfahrt, die wir diesmal unter Segel richtig ohne Umweg nehmen. Um 22 Uhr noch vor Sonnenuntergang passieren wir die Insel Alden. Für die Weiterfahrt durch die Nacht wählen wir den breiten Straumsfjorden ganz im Westen, der nur noch durch eine Kette kleinerer Inseln von der offenen See getrennt ist. Die See hat sich schon hinter Florø durch eine unruhige Dünung bemerkbar macht. Der Himmel zieht sich zu. Zeitweise regnet es. Es wird stockdunkel. Navigatorisch ist das kein Problem. Heidi übernimmt für längere Zeit die Wache. In Flautezeiten, auch noch am nächsten Vormittag bei der Querung des Fensfjorden und querab von der Insel Fedje, muss immer mal wieder der Motor laufen. Den Hjeltefjorden sind wir schon bei der Hinfahrt gefahren. Es gibt parallel zwar interessantere engere innere Wege. Dort ist segeln aber schwieriger. Die Windrichtung änderte sich während der Fahrt von anfangs Süd bis West nach Südost am Morgen. Nach einer mehrstündigen Flaute kommt der Wind kurz vor Bergen bei Sonnenschein dann auffrischend aus Nord. Damit sind wir in die zweite Nacht gesegelt. Dafür wählen wir wieder einen unkomplizierten Weg über den Langenuen. Diesmal ist es sternenklar. Wieder beobachten wir eine interessante astronomische Erscheinung: ungewöhnlich viele Sternschnuppen. Im Internet lesen wir später, es ist der Höhepunkt des jährlichen Meteorstroms der Perseiden. In dieser Nacht übernehme ich überwiegend die Wache. Der im Bogen verlaufende Langenuen ist mit mehreren Sektoren-Leuchtfeuern markiert. Auf der Hälfte des Weges sind die Zufahrten zu drei zusammengehörigen Fähranlegern mit blinkenden roten und grünen Seezeichen markiert. Ansonsten zieht sich eine beleuchtete Autostraße am Ufer entlang. Daran sieht man immer wieder das Licht einzelner Häuser und kleinerer Ortschaften. Gegen Morgen wird der Wind immer schwächer. Bei der Ausfahrt in den Bømlafjorden querab der größeren Werft-Stadt Leirvik übernimmt Heidi die Wache. Ich lege mich schlafen. Kurz vor der Ausfahrt auf die Sletta stoppen wir die Motorfahrt, um zu angeln. Bei ca. 70 m Tiefe gibt es hier keine Fische. Ich wechsele nach Heidis Rat auf das Makrelen-Vorfach. Sofort ist was dran: gleich vier zappelnde Makrelen. Die oberste reißt samt Haken ab, eine andere ist mir zu klein. Danach ist erst mal Pause. Nach mehrfachem Hin- und Her haben wir am Ende sechs Makrelen. Zwischendurch sieht man den Schwarm für kurze Zeit an der Oberfläche, dann ist wieder alles ruhig. Einige Jahre zuvor hatte ich hier innerhalb einer viertel Stunde 18 Makrelen im Boot. Wir müssen weiter motoren. Es geht durch Haugesund. Im Hafenbereich werden wir plötzlich langsamer. Am Ruder hängt ein großes Knäuel von Plastik-Bändern und Tang. Mit Hilfe des Bootshakens gelingt es mir, alles ins Boot zu holen. Wir hatten großes Glück, der Propeller ist frei geblieben. Hätte sich das Knäuel in der Schraube verwickelt, wären wir manövrierunfähig gewesen. Wir haben gleich noch einmal Glück: in der Enge unter der Brücke haben wir 3 kn Strom von hinten, 7 kn über Grund. Dahinter können wir mit halbem Wind aus West segeln. Um 17 Uhr legen wir in Skudeneshavn auf Karmøy an. Nur ein holländisches Segelboot liegt hier. Wir gehen in die hinterste Ecke mit kurzem Weg in den Ort. Wir kaufen uns Softeis, und Heidi hat Appetit auf eine Pizza in einem italienischen Restaurant. Mein Magen reagiert auf 2 Stücke der Riesenpizza mit heftigem Sodbrennen. Nach Wetterbericht kommt der Wind in den nächsten Tagen aus SW, soll zum Wochenende Sturmstärke erreichen, zugleich unbeständig und Regen. Das sind keine passenden Bedingungen für eine Weiterfahrt in Richtung Kap Lindesnes und Lista. Alternative Häfen wären Kvitsøy, Stavanger oder Tananger. Hier gefällt es uns am besten, und wir liegen sehr geschützt.

Di. 14. bis ? August Hafentage in Skudeneshavn

Am Dienstag ist herrliches Sommerwetter. Bis zum Abend füllt sich der Hafen. Wir nutzen den Tag zum Wäschewaschen, trocknen an Bord auf der Leine. Auch die in Ålesund unzureichend gewaschenen Sachen kommen noch einmal in die hier modernen Miele-Geräte. Dafür ist es nicht billig. Pro Stunde müssen 20,- Kronen eingeworfen werden. Die energiesparenden Waschmaschinen brauchen jedes mal fast 3 Stunden. Die Hafengebühr ist 150,- Kronen für uns, dazu aber noch 50,- Kronen für Strom. Neben den Duschen mit 10,- Kronen für 4 Minuten gibt es an einem anderen Anleger offene Toiletten und eine freie Dusche. Mittags erleben wir eine unerwartete Überraschung: ein Segler-Ehepaar, Reidun und Frode aus Svolvær erkennen unser Boot wieder. Vor 2 Jahren sind wir uns auf Landegode begegnet. Heute sind sie mit dem Motorboot des Cousins Thor aus Stavanger hergekommen. Ihr Segelboot ist leider im Juni bei einem Orkan an Land umgekippt und jetzt ein Wrack. Bei einem Kaffee im Restaurant gegenüber haben wir viel zu erzählen. Wir erfahren, ein anderes Seglerpaar, Erik und Turiel, auch aus Svolvær, sind mit ihrem Boot jetzt in Portugal. Wir haben sie im selben Jahr in Hareid kennen gelernt. Sie kamen von den Shetlands und Orkneys. Es ist schon etwas spät, als wir einen bekannten Weg durch das alte Skudeneshavn mit seinen historischen Holzhäusern und den verwinkelten Gassen bis zum Stadtpark an der Zufahrt zum Hafen gehen. Interessant ist dort ein sog. Mondstein. Er hat rundum viele kleine Löcher und ist eingeklemmt in einer Felsspalte. Man glaubte, es sei ein Meteorit. Das gleiche Gestein gibt es aber mehrere 100 km weiter östlich. Der Mondstein dürfte in der Eiszeit mit einem Gletscher transportiert worden sein. Tagsüber wären die Fotos wohl besser geworden. In der Nacht zu Mittwoch kommt etwas Regen. Der wird am Mittwoch Nachmittag mehr. Alle anderen Boote sind weiter gefahren. Es kommen aber wieder neue. Zum Mittag gibt es die ersten der selbst geangelten Makrelen. Sie werden in unserer kombinierten Grill-Mikrowelle zubereitet, Programmdauer zehn Minuten. Danach habe ich wieder am Bericht zu schreiben.

Di. 14. bis Sa. 18. August Hafentage in Skudeneshavn

Am Dienstag ist herrliches Sommerwetter. Bis zum Abend füllt sich der Hafen. Wir nutzen den Tag zum Wäschewaschen, trocknen sie an Bord auf der Leine. Auch die in Ålesund unzureichend gewaschenen Sachen kommen noch einmal in die hier modernen Miele-Geräte. Dafür ist es nicht billig. Pro Stunde müssen 20,- Kronen eingeworfen werden. Die energiesparenden Waschmaschinen brauchen jedes mal fast drei Stunden. Hafengebühr ist 150,- Kronen für uns, dazu aber noch 50,- Kronen für Strom. Neben den Duschen mit 10,- Kronen für 4 Minuten gibt es an einem anderen Anleger offene Toiletten und eine freie Dusche. Mittags erleben wir eine unerwartete Überraschung: ein Segler-Ehepaar, Reidun und Frode aus Svolvær erkennen unser Boot wieder. Vor 2 Jahren sind wir uns auf Landegode begegnet. Heute sind sie mit dem Motorboot des Cousins Thor aus Stavanger hergekommen. Ihr Segelboot ist leider im Juni bei einem Orkan an Land umgekippt und jetzt ein Wrack. Bei einem Kaffee im Restaurant gegenüber haben wir viel zu erzählen. Wir erfahren, ein anderes Seglerpaar, Erik und Turiel, auch aus Svolvær, sind mit ihrem Boot jetzt in Portugal. Wir haben sie im selben Jahr in Hareid kennen gelernt. Sie kamen von den Shetlands und Orkneys. Es ist schon etwas spät, als wir einen bekannten Weg durch das alte Skudeneshavn mit seinen historischen Holzhäusern und den verwinkelten Gassen bis zum Stadtpark an der Zufahrt zum Hafen gehen. Interessant ist dort ein sog. Mondstein. Er hat rundum viele kleine Löcher und ist in einer Felsspalte eingeklemmt. Man glaubte früher, es sei ein Meteorit. Das gleiche Gestein gibt es aber weiter östlich u. a. im Gudbrandsdal. Der Mondstein dürfte in der Eiszeit mit einem Gletscher transportiert worden sein. Tagsüber wären die Fotos wohl besser geworden. In der Nacht zu Mittwoch kommt etwas Regen. Der wird am Mittwoch Nachmittag mehr. Alle anderen Boote sind weiter gefahren. Es kommen aber wieder neue. Zum Mittagessen gibt es die ersten der selbst geangelten Makrelen. Sie werden in unserer kombinierten Grill-Mikrowelle zubereitet, Programmdauer zehn Minuten. Danach habe ich wieder am Bericht zu schreiben. Der Donnerstag ist verregnet. Ich arbeite am Computer (Wetter, Internet, Windows Dienste optimiert, Programm Updates,-Tabelle für Törn aktualisiert). Neben der intensiven Smartphone-Kommunikation schreibt Heidi immer noch neue Ansichtskarten an Familie und Freunde. Die anderen Boote, teils Charterer, sind trotz schlechtem Wetter weiter gefahren, zwei andere sind. Am Freitag regnet es morgens noch. Dann verbessere ich die Position der Lazy Jacks am Großbaum. Die Leinen von den Enden der Salinge hängen jetzt lose unter dem Großbaum, so dass sie beim Fieren lose durchrutschen können. Dann suchen wir ein altes Ehepaar auf, Signy und Jakob, Besitzer eines Juwelierladens, die wir von früheren Besuchen kennen. Er wird demnächst 90 Jahre. Die ganze Geschichte habe ich ausführlicher im Bericht 2010 über den Islandtörn beschrieben. Sie beginnt mit einem anderen Ehepaar, dem Cousin Arne, der eine deutsche Frau Uta hat. Am Nachmittag bei besserem Wetter wandern wir noch einmal zum Stadtpark. Beim Fotografieren habe ich jetzt Sonne. Für Sonnabend ist wieder Regen und Starkwind angesagt. Deshalb warten wir weiter ab. Im Hafen liegt ein Segelboot mit norwegischer Flagge. Wir erfahren, der deutsche Eigner aus der Nähe von Bremen lässt das Boot immer in Stavanger. Es ein Collin Archer, Baujahr 1964, mit GFK-Rumpf. Jens ist darauf schon mit seinem Vater gesegelt, und auch sein Sohn will es übernehmen. Z. Z. ist er mit einem Segelneuling, Martin, unterwegs. Sonnabend Abend sind sie für 2 Stunden bei uns an Bord. Wir zeigen Ausschnitte unseres Island-Films. Am Vormittag war Heidi noch einmal bei Signy und Jakob. Sie erfährt, Uta und Arne sind zum Einkauf in der Stadt. Es kommt zu einer kurzen Begegnung. Uta ist schwer krank. Sie schließt Heidi in die Arme. Ich bin an Bord und bearbeite Fotos auf dem PC. Nachmittags gehen wir beide zu Signy und Jakob und verabschieden uns. Nach den Wetterprognosen können wir morgen starten, werden ca. 3 Tage passenden Wind haben.

So. 19. bis Di. 21. August Skudeneshavn – Hals/Kattegat/Eingang Limfjord 273 sm

Wir starten um 9 Uhr in Skudeneshavn, nehmen die kürzere Südausfahrt. Wir setzen Groß und Genua. Der leichte Wind aus West ist nach 1,5 Stunden vorbei. Wir schaukeln in der kräftigen Dünung. Bis nach 17 Uhr bleibt der Wind so schwach, dass es nur mit Motor um Jærens Rev in Richtung Egersund vorwärts geht. Aus Richtung Tananger kommen mehrere andere Segelboote, die auch alle mit Motor jagen und uns überholen. Erst nach 34 sm können wir segeln. Der jetzt zunehmende Wind von Nord bis Nordwest kommt genau von hinten. Ich setze nur das Groß. Alle anderen Boote, die wir per AIS verfolgen können, fahren nach Egersund in den Hafen. Ein schwedisches Boot, dem wir in Bessaker begegnet sind, geht in eine Ankerbucht. Wir fahren weiter in die Nacht Richtung Lista. Für die nächsten Tage ist im norwegischen Küstenfunk „Liten Kyling“, im DWD Böen bis 8 Bft angesagt. Nur für eine Stunde übernimmt Heidi die Wache. Um Mitternacht ist es stockdunkel, der Mond untergegangen. Es frischt stark auf und schaukelt gewaltig. Ich muss reffen. Heidi liegt seekrank und apathisch in der Kajüte. Ich schalte das Decklicht an. Am Autopilot stelle ich eine Kursänderung um 150 Grad ein. Das Boot schießt unter Fock fast zurück in den Wind. Angeleint mit Sicherheitsleine muss ich nach vorne an den Mast gehen, die Reffösen des Großsegels in die Klappschäkel einzuklinken. Ich ziehe zunächst zwei, dann drei Reffs ein. Wenn man das schon oft gemacht hat, kann man sich auf dem springenden Boot bewegen und findet im Dunkeln auch die richtigen Leinen zum Ziehen. Der Autoplot versagt, fährt an den Anschlag. Das Boot dreht durch den Wind, während die Segel heftig flattern und ich am Mast beschäftigt bin. Da der Großbaum mit Schoten und Bullentaljen fixiert ist, passiert eigentlich nichts weiter. Zurück im Cockpit bringe ich das Boot mit der Pinne wieder auf einen Kurs am Wind, ziehe die Reffleinen und das Großfall fest. Dann wird wieder auf Vorwindkurs gegangen. Das Boot fährt jetzt ruhiger. Der Autopilot übernimmt das Steuern. Richtig verrückt wird die See querab von Lista. Das kennen wir auch von früher. Auf der Hinfahrt bin ich hier bei ähnlichen Bedingungen den ganzen Nachmittag gegen an gekreuzt. Jetzt sind wir hier in 2 Stunden vorbei. Obwohl der Wind immer noch mit um 20 kn von hinten schiebt, wird die See schon vor Kap Lindesnes ruhiger. Das Südkap Norwegens passieren wir um 6 Uhr bei Sonnenaufgang. Inzwischen macht Heidi schon 2 Stunden Wache. Gegen 9 Uhr sind in Landabdeckung nur noch 10 kn Wind. Ich reffe aus. Der Kurs Richtung Skagen geht genau von West nach Ost. So fahren auch die Frachter. An der Südküste Norwegens ist ein beständiger Strom in Richtung Südwest. Angetrieben wird er durch nach Norden aus der Ostsee durch das Kattegat strömendes Wasser. Er fließt auch weiter, wenn Wasser in die Ostsee zurück strömt. Einen umgekehrt gerichteten Strom gibt es nördlich von Jütland Richtung Osten. Deshalb will ich auf die Südseite der Dampferlinie. Dabei frischt es bald wieder auf. Ich muss reffen. Schließlich berge ich mittags das Groß ganz. Auch nur mit Fock 1 laufen wir weiter Rumpfgeschwindigkeit um 6 kn. Als Spitzenwert im Surf auf den Wellen wurden durchs Wasser 8 kn, über Grund vom GPS 9 kn registriert. Unter Autopilot schlägt die Fock zuweilen back. Das passiert auch beim Steuern von Hand. Ich bin so müde, dass die Konzentration schwer fällt, zumal vor einem nur Wasser und Himmel zu sehen ist. Der Kompass dreht beständig um plus/minus 20 Grad. Danach zu steuern ist noch anstrengender. Mit Autopilot stelle ich einen Kurs leicht nördlich ein, so dass die Fock nicht mehr back kommt. Erst langsam nimmt der Gegenstrom von über 1 kn ab. Zwischenzeitlich kann ich etwas schlafen, während Heidi Ausschau hält. Probleme mit Frachtern gibt es praktisch keine. Durch unseren AIS-Transponder sind wir für die anderen Schiffen nicht nur ein Punkt auf dem Radar, sondern sie haben auch unsere Daten über Kurs und Geschwindigkeit. So geht es in die zweite Nacht. Der Wind dreht etwas nördlicher. In leichtem Bogen geht es auf die Südseite der Dampferlinie, wobei wir um eine dichte Ansammlung von Fischerbooten herum fahren. Die haben zum größten Teil jetzt auch AIS-Transponder. Wir haben sie mit ihren drehenden Kursen auf dem Bildschirm. Meist sind sie so weit weg, dass sie gar nicht zu sehen sind. Auch die Frachter erscheinen längst vorher, bevor sie am Horizont auszumachen sind. Eine weitere Erkenntnis: es hat wenig Sinn, wenn wir denken, einem Frachter durch Kursänderung aus dem Wege gehen zu wollen. Mehrfach habe ich erlebt, dass der dann genau auf der Seite vorbei fährt, nach der ich den Kurs geändert habe. Bei dem großen Geschwindigkeitsunterschied stehen wir für andere fast auf der Stelle. Erst wenn man deutlich sieht, wo der Frachter fahren will, kann man vorsorglich zusätzlich den Kurs etwas ändern. Den zweiten Teil der Nacht vor Skagen übernimmt Heidi für einige Stunden die Wache. Auch sie erlebt, dass die Frachter uns respektieren. Als ich wieder übernehme, sind wir an der Nordküste von Jütland querab von Hirthals. Der Wind hat abgenommen. Ich ziehe das Großsegel und kann alle drei Reffs raus nehmen. Für über eine Stunde lasse ich den Motor mit leicht erhöhter Leerlaufdrehzahl zum Laden der Akkus mitlaufen. Wäre ich Hellseher, war es unnötig. Nachmittags kommt für zwei Stunden Flaute, in denen der Motor gebraucht wird. Früh 6:40 Uhr runde ich Skagens Rev ganz innen bei ca. 4 m Wassertiefe, so wie auch die Fischer fahren,. Das Kattegat ist spiegelglatt. Ich kann vormittags noch mal schlafen. Der Wind wird schwächer. Eine Stunde versuche ich mich mit dem Blister. Aus halbem westlichen Wind wird vorübergehend NW von hinten. Eine im Frühjahr eingezogene Hals-Leine ist zu kurz, um sie mit dem Spibaum nach Luv zu holen. Deshalb nehme ich beide Spischoten und fahre den unsymmetrischen Blister wie einen Spinnaker mit Spibaum nach luv. Der Wind dreht weiter. Ich muss halsen. Der Großbaum wird nach Steuerbord geschwenkt und der Spibaum wird an Backbord oben am Schothorn des Blisters eingeklinkt. Unten an Steuerbord hängt lose die andere Schot. Ich habe es schon lange bereut, vor Jahren auf Anraten des Segelmachers den unsymmetrischen Blister statt eines symmetrischen Spinnakers bestellt zu haben. Beim Kauf des Bootes war eine komplette Spi-Ausrüstung und ein sehr leichter Spinnaker dabei. Als wir noch Regatten Rund Bornholm mit gesegelt sind, wollte ich eigentlich einen zweiten stabilen Spinnaker dazu haben. Zurück zum Kattegat: eine Stunde später war alles umsonst, es geht nur noch mit Motor weiter. Zwei Stunden später kommt wieder Wind, jetzt aus Südwest. Mit Groß und zunächst Genua segeln wir noch zwei Stunden hoch am Wind, dann weitere zwei Stunden mit Fock 1 als Vorsegel. Gegen 20 Uhr legen wir in Hals am Eingang zum Limfjord an. Der selbe Platz, wie auf der Hinfahrt, ist noch frei. Wir fädeln uns wieder rückwärts ein, können so bequem aussteigen. Für den kommenden Tag ist südlicher Wind 4 bis 5 Bft angesagt. Wir müssen nicht dagegen an kreuzen, werden den kommenden Tag hier bleiben. Am nächsten Morgen beim Frühstück begrüßt uns Max von der SY Fine Fleur, das Boot bei dem wir in Ålesund längsseits gelegen haben. Mit seinem Freund Jan haben sie uns verfolgt, haben uns im AIS gesehen. Sie waren nachts um 1 Uhr hier.

Mi. 22. bis Do. 23. August Hafentage in Hals

Am Mittwoch morgens beim Frühstück begrüßt uns Max von der SY „Fine Fleur“, das Boot bei dem wir in Ålesund längsseits gelegen haben. Mit seinem Freund Jan haben sie uns verfolgt, haben uns im AIS gesehen. Sie waren nachts um 01 Uhr hier. Wir haben unser Schlafdefizit nachgeholt. Ich hole dänisches Geld. Heidi kann wieder uneingeschränkt einkaufen. Wir haben Internet, rufen E-Mails ab und beantworten welche. Den Nachmittag brauche ich zum Schreiben des Berichtes. Abends sind Max und Jan bei uns. Wir zeigen etwas gerafft einen Film unserer ersten Charterfahrt nach der Wende 1992 mit einer Dehler 34 von Skive im Limfjord nach Oslo und zurück. Vor 26 Jahren sind wir hier vorbei gesegelt, auf der Rückfahrt gegenüber in Egense in den Segelhafen. Trotz Starkwind über 30 kn sind wir damals weiter gefahren. Heute sind wir klüger. Der Film löste z. T. Belustigung aus. Wir waren jünger und unbeschwerter, euphorisch nach der Wende. Die beide Jungen waren gerade erst geboren. Wir bleiben auch am Donnerstag. Der Wind wäre beim Segeln zumeist von vorn. Max und Jan legen mit ihrem schnellen Schiff am Nachmittag noch ab. Ich beschäftige mich mit Arbeiten am Boot. Etliche Stunden brauche ich, um die Lichtmaschine erneut auszutauschen. Der Ausfall in Inndyr war auf eine Leitungsunterbrechung an einer Diode zurückzuführen, die ich in die Hochleistungs-Lichtmaschine anstelle des früher von mir durch eine falsche Einstellung zerstörten internen Reglers eingebaut habe. Es sah aus, als ob die Drähte durch einen Kurzschluss durchgebrannt sind. Paradoxerweise ist die Diode heil geblieben. Jetzt habe ich eine Diode mühsam im Schaltpaneel des Motors hinten im Achterpiek eingebaut. Sie hat die Aufgabe, bei eingeschaltetem Landstrom-Ladegerät einen Stromfluss rückwärts durch die Ladekontrolllampe zu unterbinden. Das verursacht sonst ein durchdringendes Piepen des Alarmgebers. In den Segeln waren einige Windfäden verloren gegangen. Die Beschriftung der Schotklemmen fehlte teilweise bzw. war falsch. Damit war der Tag ausgefüllt. Am Abend kommen wir mit dem deutschen Segler-Ehepaar Monika und Ulf aus Oldenburg ins Gespräch. Heidi ist abends noch bei ihnen an Bord. Es ist ein überdimensionales Stahlschiff mit zwei Holzmasten, Bugsprit, Gaffeltakelung, roten Segeln, Gewicht ca. 30 t, Tankkapazitäten je 1500 Liter Wasser und Diesel. Ich bin am nächsten Morgen auch noch bei ihnen. Der Innenausbau ist professionell und sehr wohnlich. Im Winter bleibt das Boot im Wasser.

Fr. 24. August Hals – Grenaa 44 sm

Der Wetterbericht besagt West bis Südwest 4 bis 5, Schauerböen. Wir wollen weiter, legen 10:25 Uhr ab. Nach der Hafenausfahrt setzen wir Groß und Fock 1. In der nächsten Stunde ziehe ich nacheinander 2 Reffs ein. Mit halbem Wind bis über 20 kn aus SW läuft das Boot um 6 kn. Die Windstärke wechselt wiederholt. Bei Schauerfronten mit Gewitter habe ich vorübergehend das 3. Reff eingezogen, danach auch wieder aus gerefft und sogar für eine Stunde die Genua gesetzt. Auf den letzten 10 sm kommt wieder eine Regenfront. Nur unter Groß bei wieder halben Wind mit 20 kn aus West erreichen wir gegen 19 Uhr Grenaa. Ohne Fock und bei wenig Abstand zum Land ist reffen problematisch, weil der Autopilot keinen Kurs hoch am Wind fahren kann. Auch Monika und Ulf haben mit ihrer „Jan Maat“ abgelegt. Sie fahren einen größeren Bogen, sind dennoch vor uns in Grenaa.

Sa. 25. August Grenaa – Ballen/Samsø 46 sm

Nach dem Frühstück legen wir 9:25 Uhr ab. Der Wind soll etwas abnehmen und mehr auf West drehen, aber immer noch heißt es Schauerböen. Auch heute wechselt der Wind permanent zwischen 10 kn, 15 kn und auch über 20 kn. Die Richtung bleibt überwiegend SW. Das heißt immer wieder Segelmanöver, mal nur zweites Reff, dann wieder aus gerefft. Es ist ein stressiger Kreuzkurs mit nach gezählten 14 Wenden. Erst nach 18 Uhr vor der Durchfahrt bei der kleinen Insel Vejrø dreht der Wind auf West, frischt noch mal auf. Mit maximaler Geschwindigkeit bis 7 kn segeln wir direkt auf den Hafen von Ballen zu. Es ist 20:30 Uhr, als das Boot auf einem freien Platz längsseits fest ist. Ich gehe noch zum Bezahl-Automaten, dann ist es dunkel. Die „Jan Maat“ hat in Grenaa mit Ziel Samsø nach uns abgelegt. Sie können unseren Kreuzkurs nicht mit halten, sind bald am Horizont verschwunden. Später erfahren wir, sie sind nach Ørne gefahren, am nächsten Tag bis Nyborg.

So. 26. August Ballen – Omø 44 sm

Wir frühstücken normal und nutzen die mit der Liegegebühr bezahlten Duschen. Die Sonne scheint, und die meisten Boote sind schon weg, als auch wir gegen 11 Uhr ablegen. Am Vorabend hatte der Seitenwind uns sanft an den Steg gedrückt. Um bei Wind von der falschen Seite aus der Lücke hinter einem anderen Boot heraus zu kommen, muss ich in eine Vorspring eindampfen. Es klappt perfekt. Das Heck schwenkt gegen Wind, und kann ich rückwärts fahren. Als Ziel haben wir zunächst Kerteminde, Nyborg oder Korsør ins Auge gefasst. Bei Westwind um 15 kn laufen wir mit halbem Wind und einem Reff bis 7 kn, das ist über Rumpfgeschwindigkeit. Es veranlasst uns, den Kurs für Omø als neues Ziel zu ändern. Um 16:20 Uhr passieren wir die Große-Belt-Brücke. Ausgerechnet hier kommt eine Schauerfront mit bis zu 25 kn Wind. Die Genua konnte ich vor der Brücke noch bergen. Beim Reffen dahinter hält Heidi das Boot am Wind. Die Fock setze ich erst danach. Weiter geht es wieder mit maximaler Geschwindigkeit Richtung Omø. Das Fahrwasser kann ich noch vor einem Frachter auf die östliche Seite queren. Auf den letzten Meilen vor dem Hafen kommt das nächste Schauer. Ich berge die Fock. Die Geschwindigkeit geht unter Groß auf die Hälfte runter. Von Osten kommt ein dänisches Boot. Während wir die Segel bergen, fährt der andere vor uns in den Hafen. Es ist reichlich Platz. Wir nehmen eine Box mit dem Bug zum Wind. Ich praktiziere unser bewährtes Anlegemanöver mit den beiden Achterleinen mittschiffs nach hinten. Zwischen den Dalben stoppe ich auf. Heidi legt beide Leinen über die Pfähle. Dann fahre ich langsam vorwärts. Dabei bremse ich mit den über die Schotwinschen gelegten Leinen das Boot und kann das so auch bei Seitenwind mitten in der Box halten. Erst nach dem Festmachen vorn lege ich die Achterleinen auf die Heckklampen. Der dänische Einhandsegler hat nur eine Achterleine über einen Dalben bekommen. Beim Anbinden vorn helfen andere Segler. Das Boot treibt inzwischen quer in den freien Platz daneben. Heute sind wir um 19 Uhr angekommen. Beim Automaten bezahle ich 140,- Kronen für das Boot. Zum Duschen muss man gegen Pfand eine Chipkarte lösen. Damit bezahlt man auch Landstrom. Ich finde an unserer Stromsäule drei Steckdosen unter Strom, Guthaben, das andere Segler nicht zurück gebucht haben.

Mo. 27. August Hafentag auf Omø

Wie vorhergesagt, weht früh der Wind mit 6 Bft aus Süd und es regnet immer wieder. Nach einem langen Frühstück arbeite ich am Computer. Es gibt ein offenes WLAN, in dem man sich aber über eine Anmeldeseite mit einem Passwort, dass an einem Anschlagbrett ausgehängt ist, einloggen muss. Für OpenCPN und auch für das oeSENC-Plugin gibt es neue Updates. Das Plugin brauche ich für die gekauften aktuellen norwegischen Seekarten. Jetzt würde ich dänische und später deutsche brauchen. Die gibt es und auch für weitere europäische Länder. Die preiswerten Karten müssen für das jeweilige Land einzeln gekauft werden. Sie sind nicht auf einen anderen PC zu übertragen. Aktualisierungen gibt es ein Jahr lang. Dann muss man sie neu kaufen. Weitere Informationen unter http://o-charts.org/shop/index.php Meine Erfahrungen in Stichworten: Download und Installation der oeSENC-Karten trotz Anleitung langwierig, Kartenbild ähnlich wie CM93 (Cmap), Details in Häfen besser, geographisch ist CM93 übersichtlicher und schneller beim Zoomen und Verschieben. Die Karten nur für Norwegen belegen 3 GB, meine CM93 nur 550 MB und das für eine fast weltweite Abdeckung, allerdings nicht überall mit für die Navigation notwendigen Details. Danach aktualisiere ich den Bericht. Heidi kauft beim Fischer zwei Schollen. Mit kostenlosen sehr einfachen Hafenfahrrädern fahren wir nachmittags, als es trocken ist, in den 1,5 km entfernten Ort zum Einkaufen. Morgen soll der Westwind von 4 bis 5 auf 3 Bft abnehmen, gegen Abend könnte er schwach werden. Wir wollen weiter nach Süden, ob bis Heiligenhafen oder Fehmarn oder nur bis Bagenkop werden wir sehen.

Di., 28.August Omø – Heiligenhafen. 54 sm

Wir legen früh um 7:15 Uhr ab. Frühstück gibt es unterwegs. Der Wind weht frisch aus West bis Südwest. Ich habe noch zwei Reffs im Großsegel. Nach einem kurzen Holeschlag nehmen wir einen Anlieger-Kurs vorbei am Leuchtturm von Omø südwärts. Um 9 Uhr kann ich ausreffen. Wir segeln permanent mit Rumpfgeschwindigkeit um 6 kn. Mittags 13 Uhr sind wir auf der Linie zwischen der Südspitze Langelands und Lollands. Jetzt kommen von rechts und links Frachter am laufendem Band. Bei einem ändere ich vorausschauend meinen Kurs, luve maximal an und passiere ihn dicht hinter dem Heck. Auf dem AIS haben wir lange einen Fischer weit vor uns vorbei fahren sehen. Der kehrt jetzt um und hält einen Kurs genau auf unser Boot. Erst als er nahe dran ist, falle ich stark ab. Dann sehe ich am Heck, er schleppt ein Netz. Also muss ich noch einen zusätzlichen großen Bogen fahren. Ich habe schon öfter die Erfahrung gemacht, dass Fischer im freien Wasser scheinbar absichtlich mit uns auf Kollisionskurs gegangen sind, um uns zum Ausweichen zu zwingen, sogar, wenn sie nicht fischen, aber ihren Doppelkegel gesetzt lassen. Dann hören wir im Funk eine Suchmeldung von Bremen Rescue. Ein Kite-Surfer soll beim Leuchtturm Westermarkelsdorf abgetrieben sein. Wir sind an der Nordspitze von Fehmarn schon vorbei. Ein Marineschiff und ein Frachter werden um Mithilfe bei der Suche gebeten. Etwa eine halbe Stunde später kommt die Ansage zum Abbruch der Suche, der Kiter ist an Land. Der Wind wird wie vorhergesagt immer schwächer. Wir haben uns telefonisch bei Heidis Nichte Jutta in Heiligenhafen angekündigt. Heute Abend hat sie Zeit für uns. So fahren wir die letzten 7 sm mit Motor. Um 18:30 Uhr sind wir im Hafen. Wir finden eine Box mit grünem Schild. Die Dalben stehen aber so dicht, dass wir unsere Fender hoch nehmen müssen und haben nur wenige Zentimeter bis zur Scheuerleiste. Heidi geht zum Hafenbüro. Dann erscheinen Edith und Gerd von der SY „Kanaloa“ aus Berlin. Sie waren auch in Norwegen, nur haben wir uns verpasst. Sie sind im Hardangerfjord umgekehrt, während wir zügig zu unserem Ziel Lofoten weiter gesegelt sind. Wegen Motorschaden (Wasser im Öl) sind sie nach Dänemark in den Limfjord gesegelt. Für den 40 Jahre alten Motor haben sie dort für einen erschwinglichen Preis einen neuen einbauen lassen. Sie sind heute von Svendborg gekommen, um uns doch noch zu treffen. Kurz danach kommen Jutta und ihr Mann Jochen, holen uns mit dem Auto in ihr Haus. Es gibt ein schmackhaftes Abendessen.

Mi. 29. August Heiligenhafen – Burgtiefe 11 sm Motor

Vormittags sind wir bei Edith und Gerd an Bord. Obwohl wir während der Reise regelmäßig per Smartphone in Kontakt waren, gibt es viel zu erzählen. Um 13 Uhr legen wir ab. Es scheint die Sonne, aber der Wind kommt mit 4 bis 5 Bft genau aus Ost. Damit ist Segeln nach Burgtiefe praktisch unmöglich. Der größte Teil der Strecke sind enge betonnte Fahrwasser gegen den Wind. Dabei baut sich eine zwar kleine aber für unsere Bootslänge ungünstige Welle auf. Unter der Fehmarnsund-Brücke haben wir 2 kn Strom von vorn. Statt 5 kn mit einer Drehzahl höher als normal fahren wir streckenweise nur 3 Knoten. Wir brauchen 3 Stunden, eine mehr als bei Normalbedingungen. Um 16 Uhr erwarten uns Siegrun und Erich zu Kaffee und Kuchen an Bord der SY „Ariane“. Zum Abendessen sind wir im Restaurant vor dem Steg.

Do. 30 August Hafentag in Burgtiefe

Am morgen regnet es. Der Wind kommt aus Ost, wird erst nachmittags auf West drehen. Auf der „Ariane“ gibt es wie üblich ein gemütliches Frühstück. Dann kann ich den Bericht fort schreiben. Am Nachmittag gibt es auf der „Ariane“ wieder Kaffee und Kuchen. Wir erhalten eine SMS: Jürgen und sein Sohn begrüßen uns, sie liegen mit der SY „Morgan le Fay“ aus unserem Rostocker Verein auch hier im Hafen. Wir gehen zu ihnen aufs Boot. Inzwischen hat der Regen nahezu aufgehört, setzt dann aber um so intensiver wieder ein. Wir müssen zurück zu unserem Boot am anderen Ende des Hafen. Wir haben zwar Regenjacken, Hosen und Schuhe werden triefend nass. Für morgen ist passender Wind aus NW prophezeit. Das sollte für die Rückfahrt nach Rostock passen.

Fr. 31. August Burgtiefe – SSV Rostock 42 sm

Heute gibt es mehrfach Aufregung. Ich bin unruhig, wollte früh los. Obwohl wir schon im Dunkeln aufgestanden sind, ist es schon über eine Stunde nach Sonnenaufgang, als wir 7:30 Uhr endlich abgelegthaben. Vorher war der Motor kurz nach dem Start ausgegangen. Der hintere Tank ist leer. Nur twas länger starten, die Einspritzpumpe entlüftet sich selbst. Der eine Batterie-Monitor zeigt nur 5 V, obwohl das Ladegerät an war. Eine Messung mit dem Multimeter zeigt 12,5 V. Es ist die Anzeige im Instrument. Der gestrige Regen hat zu Kondenswasser geführt. Unterwegs nach mehreren Stunden stimmt die Anzeige wieder. Ich setze noch in der engen Fahrrinne das Großsegel. Irgendwas klemmt Es ist ein Haken der Gummistrops am Großbaum, den ich vergessen habe. Noch südlich von Fehmarn segeln wir dicht an einer Messboje vorbei, die ich hinter der Genua nicht gesehen habe. Später taucht da vor uns ein Segelboot ohne AIS auf. Die Fahrt mit Wind bis 20 kn genau von hinten ist schnell um 6 kn, aber sehr unruhig. Beim Steuern von Hand verliere ich die Konzentration. Mit Autopilot fahre ich dann einen etwas raumeren Kurs. Muss dann später halsen in Richtung der Einfahrt Warnemünde. Unmittelbar vor uns fährt die Fähre „Nils Holgerson“ durch die Molen. In Warnemünde liegen drei große Kreuzfahrschiffe, ein viertes sehen wir später im Seehafen. Bei den Stromfähren neben dem Kreuzfahrterminal stoppt die Fähre. Weiter von vorn kommt ein großes Frachtschiff. Auch eine Hafenrundfahrt ist dazwischen. Ich bin dicht dahinter unter Segeln mit Wind von hinten. Ich muss mit dem Boot aufschießen, die Segel flattern, ein Durcheinander mit meinen vielen Leinen. Dann geht es doch weiter. Neben den großen Schiffen kommt der Wind plötzlich kurzzeitig von der anderen Seite, wieder die Schoten ziehen. Und dann fahren schon die Stromfähren los, als ich noch nicht durch bin. Auf der Warnow beruhige ich mich langsam. Wir sind noch vor 16 Uhr im Heimathafen SSVR. Wir haben uns angekündigt, denn für den Steg und die Sanitärräume gibt es seit einer Woche ein neues elektronisches Schließsystem. Unser erster Vorsitzender Tobias ist persönlich auf dem Steg mit den Seglern Lutz, Steffen und Thoralf. Der hat wie andere Freunde auch unsere AIS-Position im Internet bei marinetraffic.com verfolgt. Wir bleiben die Nacht noch auf dem Boot. Am Sonnabend kommt unser Sohn Martin mit dem Auto, fährt uns in unsere Wohnung. Dort erwartet uns ein Stapel Post. Unser eigenes Auto steht auf dem privaten Parkplatz. Ich hatte die Starterbatterie abgeklemmt und ein kleines Solarpaneel zur Erhaltungsladung ins Fenster gelegt. Wir fahren zurück zum Boot. Morgen werden wir ausräumen.

Bilanz der Reise

Abgesehen von Heidis Schulterverletzung auf Kvitsøy, haben wir gesundheitlich die Reise gut überstanden. Sie hat noch Beschwerden, wird kommende Woche zum Orthopäden gehen. Die Meniskusverletzung vor der Reise macht keine Probleme mehr, doch das Karpaltunnelsyndrom der Hände ist unverändert. Ich habe noch leichte Beschwerden in meiner zwei mal operierten rechten Schulter, die ebenfalls schon operierte linke Schulter ist o. k. An Land haben wir unsere früheren touristischen Aktionen ziemlich zurückgesteckt. Auf unserem kleinen Boot sind die Wege kurz, die Bootsbewegungen eher förderlich für unsere alten Gelenke in Knie, Hüften und Wirbelsäule. Im Vergleich zu früheren Reisen gibt es teils neue „Rekorde“:



Gesamt 2753 sm nach GPS, davon 1943 sm unter Segel (nur 71%), 53 sm pro Fahrtag bei 3,9 kn im Mittel. Mit 29% hoher Motoranteil, häufig Flaute, 209 Motorstunden, aber auch viel Kreuzkurse bei Wind von vorn. 22 durchsegelte Nächte bei insgesamt 87 Reisetagen, dabei 52 Fahrtage und überdurchschnittlich viele Hafentage (35), meistens wetterbedingt (viel Starkwind aus falscher Richtung). Nur noch 5 neue Häfen, da wir in beiden Richtungen zügig voran kommen wollten und keine Abstecher gemacht haben. Längste Strecke nonstop 273 sm Skudeneshavn auf Karmøy bis Hals am Kattegat.

Technische Probleme:

  • Zunächst Dieselmangel für Motor und Kocher, dann undichte Entlüftungsschraube am Motor und durchrutschender Keilriemen, schließlich ausgelaufener Diesel im Boot aus nicht fest verschlossenem Reservekanister.
  • Defekte Ventile der Seewasser-Fußpumpe, dann defekte Membran der Trinkwasser-Fußpumpe und drittens undichter Anschluss eines der zwei Wassertanks.
  • Risse in der Fock 1 nach Sturmfahrt um Kap Lista, einen Tag Nähen von Hand. Am Ende der Reise ist bei den 15 Jahre alten Segeln das Achterliek beschädigt und die Regulierleinen liegen frei.
  • Lichtmaschinenprobleme wegen Leitungsunterbrechung an einer eingelöteten Diode und Wackelkontakt an einem Steckverbinder des Motor-Paneels
  • unzureichende Kühlwasserförderung, Abhilfe mit neuem Impeller und Dichtung
  • der wenig genutzte Pinnenpilot Simrad TP32 steuert nach ca. 15 bis 30 Minuten plötzlich eine immer größer werdende Schlangenlinie, bisher keine Abhilfe
  • das Log durchs Wasser war zeitweilig blockiert, bzw. zeigte nur die 50% an, später wieder richtig.
Alle anderen Probleme wurden selbst behoben, es wurde keine fremde Hilfe benötigt

Liebe Grüße

Heidi und Manfred Brandes, SY "Libra" (Quelle: mail vom Mo., 03.09.2018, 10:41)